Foto: Scott Graham, via Unsplash, Unsplash License

Nahaufnahme von zwei Menschen mit Laptops und Unterlagen

Wer Wissen aus seinen Projekten teilt, kann viel bewirken – besonders in einem Netzwerk

in die Zwischenablage kopiert

Zuletzt bearbeitet am

Lukas Bergheim

Wer Wissen aus seinen Projekten teilt, kann viel bewirken – besonders in einem Netzwerk

Nachdem es seine umfangreichen, bundesweit erhobenen Radverkehrsdaten offen verfügbar machte, erhielt das Team von MOVEBIS viele Nachfragen und Angebote, sich mit ihm auszutauschen. Für noch mehr Kooperationen innerhalb der Mobilitätsforschung bietet sich auch das Emmett-Netzwerk an.

Bei mehr als 300 Projekten – so die Förderbilanz des mFUND in den ersten fünf Jahren – kommt es zwangsläufig zu inhaltlichen Überschneidungen. Das ist nichts Schlechtes: Viele Projektteams müssen nicht bei null anfangen, sondern können auf der Arbeit anderer aufbauen oder sich zumindest Anregungen holen. Sie können einfach einmal fragen „Wie habt ihr dieses Problem gelöst?“ oder „Könnt ihr uns unterstützen?“. Das ist effizient und dank der Digitalisierung auch nicht schwer.

Der mFUND strebt eine Vernetzung der Projektteams untereinander ausdrücklich an. Das klappt laut dem aktuellen Evaluationsbericht besonders bei den Akteur:innen in Verbundprojekten gut, über das eigene Projekt hinaus gelingt es immerhin bei fast der Hälfte der Befragten. „Eine wichtige Rolle kommt in diesem Zusammenhang den projekteigenen und übergreifenden Veranstaltungen zu“, heißt es in dem Bericht weiter.

Vernetzungswirkung des mFUND
Zwei Balkendiagramme

Grafik: Prognos AG

Im Rahmen der letztjährigen mFUND-Evaluation wurde auch dessen Vernetzungswirkung untersucht. Das Diagramm zeigt die Antworten auf die Frage: „Konnten bzw. können durch die Projekte Akteursnetzwerke ausgebaut werden?“ Online-Befragung mit N=391. Fehlende Prozentpunkte aufgrund von keiner Angabe durch die Befragten.
Für den Citizen-Science-Ansatz von MOVEBIS haben sich viele interessiert

Wie es bislang lief, weiß Sven Lißner besonders gut. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Verkehrswissenschaften der TU Dresden war er maßgeblich am Projekt MOVEBIS beteiligt – und wurde so zum gefragten Ansprechpartner. Lißner und sein Team haben mit einem Citizen-Science-Ansatz analysiert, wo in Deutschland Menschen auf dem Fahrrad unterwegs sind. 85 Terrabyte an Daten kamen dabei laut Lißner allein im Jahr 2020 zusammen. Für das Vorgehen und die Daten haben sich viele interessiert.

Das mFUND-Projekt MOVEBIS hat mit seinen Daten zum Radverkehr in Deutschland einen Nerv getroffen. Die mCLOUD-Daten des Projekts wurden im Februar [2021] 875 Mal heruntergeladen. Außerdem wurde mehr als 600-fach nach dem Begriff ‚MOVEBIS’ gesucht.“ – BMDV, mFUND-Rundbrief Nr. 03/2021

„Anders als andere Projekte haben wir nicht bestehende Daten kombiniert oder veredelt, sondern neue Daten erhoben – und das für fast alle Kommunen bundesweit, erklärt Lißner. Diese Daten seien praktisch für alle Projekte interessant, die sich mit dem Radverkehr befassen. Während in Unternehmen unter anderem die Geheimhaltung eine Herausforderung darstellt, konnte das Team der TU Dresden seine Daten einfach herausgeben, wenn auch in der Regel nur aggregiert, dafür aber DSGVO-konform.

Heatmap von Deutschland

Grafik: MOVEBIS/TU Dresden

Aus den selbst erhobenen Daten konnte das Team von MOVEBIS eine sogenannte Heatmap erstellen. Sie zeigt, wo in Deutschland viel Fahrrad gefahren wird.
Gefragt waren Radverkehrsdaten und Erfahrungen aus der Arbeit mit Proband:innen

So habe das MOVEBIS-Team dem Projekt GANESHA Radverkehrsdaten für die Stadt Oldenburg zur Verfügung gestellt, die dann für ein eigenes Modell zur Vermeidung von Staus genutzt werden konnten. In anderen Fällen, so etwa bei den Projekten ECOSense und AK_HOCH_2 sei es um den fachlichen Austausch gegangen: Wie funktioniert die Arbeit mit Proband:innen? Lassen sich Sensordaten von Radfahrenden auch zur Kartierung des Verkehrsraums nutzen?

„Richtig intensiv ist dieser Austausch meistens nicht“, sagt Lißner. „Man ist bei einem Workshop dabei, unterhält sich bei einer Videokonferenz. Mehr kann man – gerade bei großem Interesse – oftmals gar nicht leisten.“ Förderanträge seien in der akademischen Welt oft mit spitzer Feder gerechnet, der Punkt Fachaustausch lasse sich da nur schwer adäquat einplanen. „Aber wenn wir helfen können, zum Beispiel mit einem Datensatz, machen wir das natürlich gerne und geben auch einordnende Worte mit.“

Die Kontaktaufnahme sei in der Regel einfach gewesen, so Lißner. Mal habe man sich bei einem Fachaustausch während der mFUND-Konferenz kennengelernt, mal sei er per E-Mail kontaktiert worden, weil ein anderes Projekt schon im Zuwendungsbescheid den Hinweis bekam, an der TU Dresden werde etwas Ähnliches gemacht. Zudem habe es sich natürlich auch in der Forschungslandschaft außerhalb des mFUND herumgesprochen, woran er und sein Team arbeiteten.

Kürzere Wege zu mehr Kooperationen: das neue Emmett-Netzwerk

Für die Kontaktaufnahme von und mit mFUND-Projektteams gibt es inzwischen ein eigenes Tool: das Emmett-Netzwerk für Mobilitäts-Expert:innen. Die Plattform vereinfacht vor allem die Kontaktaufnahme zu anderen Menschen aus der Branche, erleichtert das Finden von Datensätzen und verschafft den Projekten mehr Sichtbarkeit.

Lißner freut sich über die Netzwerk-Funktion auf Emmett. Was hätte er vor einigen Jahren – sein Projekt lief von 2017 bis 2020 – dort gesucht? „Für uns wären bundesweit einheitliche hochpräzise GIS-Straßenkarten interessant gewesen“, sagt er, „vor allem mit Informationen zu den Radwegen natürlich.“ Und was würde er heute suchen? „Sauber gelabelte KI-Trainingsdatensätze würden allen extrem helfen. Die Daten werden immer wieder neu erhoben, weil sie selten einfach mal veröffentlicht werden.“

Wer solch einen Datensatz im Emmett-Netzwerk anbietet und über die mCLOUD, das offene Datenportal des BMDV, verfügbar macht, würde ohne Zweifel einen Nerv treffen – ganz wie MOVEBIS in den vergangenen Jahren – und anderen viel Arbeit ersparen. Die gewonnene Zeit könnten die Teams in Innovation und weiteren Austausch stecken, wovon wieder andere profitieren würden. Ein wünschenswerter Schneeballeffekt, der dank Digitalisierung möglich ist.

Hinweis in eigener Sache: Im Emmett-Netzwerk für Mobilitäts-Expert:innen können Sie Kooperationspartner:innen finden, sich über Daten, Wissen und Innovationen austauschen und Beteiligungen für Bürger:innen bewerben. Zum Auftakt veranstalteten wir am 27. Januar 2022 eine Paneldiskussion über das Mobilitätsdatenökosystem der Zukunft.

Empfohlene Beiträge