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Autonomer Verkehr in der Smart City – und was passiert mit den Daten?

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Zuletzt bearbeitet am

Laura Puttkamer

Autonomer Verkehr in der Smart City – und was passiert mit den Daten?

In der Smart City fließen unzählige Daten. Im Bereich der Mobilität nutzen Steuerungs- und Leitsysteme die Daten verschiedener Akteure, weshalb es zu einem Datenaustausch kommt. Zugleich erzeugen Nutzer*innen Bewegungsprofile. Doch was passiert mit all diesen Daten?

„Hereinspaziert, hereinspaziert – fahren Sie mit dem ersten autonomen Bus der Region!“ kündigt der Tour Guide in Masdar an, beinahe wie bei einer Zirkusattraktion. Tatsächlich erinnert Masdar City, die Vorzeige-Smart-City in Abu Dhabi, ein wenig an einen Zirkus. Tagsüber glänzen und glitzern die eindrucksvollen Fassaden und interessierte Stadtplaner besuchen das Spektakel. Nachts verwandelt sich die Stadt jedoch schnell in eine Geisterstadt, denn so schön es hier auch ist – niemand möchte in Masdar City wohnen.

Der kleine blaue Bus ruckelt heran und öffnet seine Türen. Sechs Personen finden in ihm Platz. Derzeit sei die dazugehörige App noch nicht funktional, erklärt der Tour Guide. Deshalb programmiert er mit geübten Fingern das Touchpad, woraufhin der Bus eine kleine Stadttour macht. Er fährt im Schritttempo, übt aber das Anfahren und Bremsen. Im Bus ist eine Kamera, die – wie üblich in Abu Dhabi – die Passagiere im Innenraum des Busses filmt. Sieht so der Nahverkehr der Zukunft aus? Wie ist es dabei um die Datensicherheit bestimmt?

Datenfluss und Datensicherheit im autonomen Bus

Expert*innen hoffen, dass autonome Fahrzeuge zu weniger Stau führen. Sie funktionieren elektrisch und produzieren auf der Straße keine Emissionen. Für eine nahtlose Integration in den Alltag sind neben den smarten Fahrzeugen mit ihren Daten- und Funkmodulen auch smarte Straßen mit Leitsystemen wichtig. Das Zusammenspiel funktioniert nur, wenn möglichst viele Daten fließen.

Schnell stellt sich dabei auch die Frage, wem die Daten gehören, die den Verkehr regulieren und autonome Fahrzeuge leiten. In China sind öffentliche Unternehmen dazu verpflichtet, alle Daten zu ihren Nutzer*innen mit der Regierung zu teilen. In den USA hingegen weigert sich das private Unternehmen Uber strikt, die Daten des von ihm koordinierten Ride-Sharings zu teilen. In Europa ist der Datenschutz mit Gesetzen wie der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) streng geregelt.

In Masdar City zeigt sich, woran sich die Befürchtungen festmachen. Damit autonome Fahrzeuge effizient, angenehm und sicher fahren können, benötigen sie zahlreiche Sensoren. Diese Sensoren erheben Daten zur Umgebung, etwa zu stehenden und beweglichen Objekten, zur Straßenbeschaffenheit oder zur Wetterlage. Aber auch Daten zum Fahrtverlauf werden genutzt, etwa wann das Fahrzeug wohin fuhr und an welchem Ort es sich wie lange aufgehalten hat. So entstehen Datensätze – Bewegungsprofile – zu den Fahrzeug-Nutzer*innen.

Bei autonomen Autos beziehen sich diese Daten direkt auf einen Einzelnen, aber auch in autonomen Bussen geben die Menschen mehr Daten preis, als vielen bewusst ist. Dies geschieht beispielsweise über eine App, die neben Geo-Lokationsdaten auch Zugriff auf viele weitere Funktionen im Handy hat und die Sucheingaben teilt. Es gilt, generell die Privatsphäre der Smart-City-Nutzer*innen zu schützen, weshalb der Datenschutz für alle beteiligten Verkehrsbetreiber und Hersteller eine zentrale Rolle spielen sollte.

Wer profitiert und wer partizipiert?

Smart steht im Zusammenhang mit Mobilität dafür, dass die Daten intelligent und automatisiert verarbeitet werden und lernende Systeme zum Einsatz kommen. Von vielen Daten, die Nutzer*innen autonomer Verkehrsmittel in die Systeme einer Smart City einspeisen, können grundsätzlich alle profitieren. Zahlreiche verkehrsbezogene Daten können die Leit- und Navigationssysteme auf Dauer verbessern und intelligenter machen.

Beispielsweise kann auf Basis erhobener Daten angegeben werden, welche Route am schnellsten zum Ziel führt, welche Verkehrsmittel für eine barrierefreie Reise geeignet sind und wo WLAN-Verbindungen bestehen. Solche Erkenntnisse wiederum führen idealerweise dazu, dass die Menschen in einer Smart City sicherer, effizienter und stressfreier mobil sind.

Entscheidend dafür ist, dass nicht nur öffentlich finanzierte Mobilitätsdienstleister und Verkehrsträger ihre Daten teilen, sondern auch Fahrzeughersteller und private Serviceanbieter. Bisher zeigen die Produzenten autonomer Fahrzeuge jedoch wenig Interesse daran, Daten freizugeben.

In Masdar City gehören alle Daten der Mubadala Development Company, die größtenteils von der Regierung gefördert wird. Allerdings sind keine Daten öffentlich einsehbar. Allgemeine Geschäftsbedingungen oder andere Hinweise darauf, wie Daten genutzt oder weitergegeben werden, fehlen völlig. Dies ist in den Vereinigten Arabischen Emiraten nicht unüblich, denn Datenschutzgesetze sind hier nicht verbreitet.

Datensicherheit in anderen Smart Cities

Grundsätzlich stellt die Balance aus mobilitätsrelevanter Datenweitergabe und personenbezogenem Datenschutz für Smart Cities eine große Herausforderung dar, nicht nur in Masdar City. In Songdu, Südkoreas innovativster Smart City, bedeutet Smart Traffic nicht nur autonomes Fahren, sondern vor allem multimodales Fahren. Die vorhandenen Verkehrsmittel in der Stadt sollen besser miteinander vernetzt und dank intelligenter Apps leichter nutzbar werden. Die bereits existierenden Standards zum Datenschutz gelten dabei weiter.

Sowohl Songdu als auch Hamburg, eine von Deutschlands Smart Cities, bereiten die Aufnahme von autonomen Fahrzeugen in den Verkehr vor. In Songdu werden seit Oktober 2020 spezielle Mobilfunk-Module hergestellt, die auf dem 5G-Standard basieren und die für selbstfahrende Autos nötig sind. In Hamburg hat der Fahrzeughersteller Volkswagen zwischen März und November 2019 erste Tests mit autonomen Fahrzeugen durchgeführt. Laut Expert*innen ist es realistisch, dass in Städten mit entsprechender Infrastruktur schon Mitte des nächsten Jahrzehnts verschiedene Typen autonomer Fahrzeuge unterwegs sind.

Anders als in Masdar City gibt es in ganz Europa mit der Datenschutz-Grundverordnung eine wichtige rechtliche Grundlage für die Datensicherheit und den Schutz der Privatsphäre der einzelnen Personen. Dies führt zu einem Bewusstsein innerhalb der Gesellschaft, den Datenschutz für smarte Mobilität und Smart Cities als sehr wichtig anzusehen. Hierbei wird es unter anderem darum gehen, Daten zu anonymisieren, den Datenschutz von Anfang an zu berücksichtigen (Privacy by design) und transparente Informationen zu allgemeinen Geschäftsbedingungen und Datenschutz in Apps durchzusetzen.

Fazit

Masdar City zeigt, dass mit ausreichend Investitionen durch private Unternehmen und ohne strenge Regelungen der Verkehr mit autonomen Bussen bereits möglich ist. In naher Zukunft will die Stadtverwaltung dort die blauen Minibusse um autonom fahrende U-Bahnen ergänzen. Allerdings ist unklar, wie die privaten Betreiber in Masdar die Mobilitätsdaten nutzen und verarbeiten, wer daran wie partizipiert und davon profitiert. Europa und Deutschland sollten dies transparent hinbekommen.

Aufmacherfoto: Jermey Thompson, via Flickr, CC-BY 2.0

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