EU-Strategie: E-Ticketing für mutimodales Reisen, Mobilitätsdatenraum, KI-Roadmap

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Henry Steinhau

EU-Strategie: E-Ticketing für mutimodales Reisen, Mobilitätsdatenraum, KI-Roadmap

Vor kurzem stellte die EU-Kommission ihre „Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität“ vor. Sie enthält mittel- und langfristige Ziele, mit denen der Verkehrssektor dazu beitragen soll, dass Europa klimaneutral wird. Zahlreiche Maßnahmen betreffen datengetriebene Innovationen.

Um dem Klimawandel noch entschlossener entgegenzutreten, hat die EU-Kommission Ende 2020 eine „Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität“ beschlossen. Darin formuliert sie insgesamt 82 Vorhaben, die sie innerhalb der nächsten drei Jahrzehnte umsetzen will.

Mit den als „Aktionsplan“ überschriebenen Maßnahmen sollen die Verkehrssysteme der Mitgliedsstaaten dazu beitragen, das im „Grünen Deal“ der EU festgelegte Ziel zu erreichen: Europa soll bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent sein.

Als Schwerpunktbereiche enthält die Strategie erstens „Nachhaltige Mobilität“, zweitens „Intelligente Mobilität“ und drittens „Widerstandsfähige Mobilität“.

Welche konkreten Infrastruktur-Maßnahmen die EU-Kommission darunter versteht, skizziert sie unter anderem in einem „Factsheet“ (PDF) und mit Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ) (PDF).

Darin finden sich zahlreiche Vorhaben, die auf innovativen Umgang und Austausch von Mobilitätsdaten zielen, um übergreifende und moderne Lösungen und Services zu ermöglichen oder zu fördern.

Sustainable and Smart Mobility Strategy Factsheet

Factsheet zur „Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität“ der EU-Kommission

E-Ticketing für mutimodales Reisen

So soll beispielsweise bis 2030 „integriertes elektronisches Ticketing“ ermöglichen, dass die Bürger*innen in der EU nahtlos multimodal reisen können: mit digitalen Fahrscheinen, die über verschiedene Verkehrsträger hinweg gelten, etwa vom Zug in den Leihwagen, aber auch leicht über Ländergrenzen hinweg gebucht werden können. Hierzu gibt es in einzelnen Ländern zwar Angebote, Services und Projekte – siehe Artikel auf Emmett über integrierte Mobilitätsservices, etwa bezüglich Jelbi (für Berlin) sowie über Handyticket.de (für mehrere deutsche Regionen) – jedoch noch keine EU-weit harmonisierte Ticketing-Lösung.

Genau solche übergreifenden Angebote strebt die EU-Kommission mittelfristig an und will auf dem Weg dahin auch die gegenwärtigen Entwicklungen in den Städten fördern – weg vom eigenen Fahrzeug hin zu kollaborativen Mobilitätsdiensten, wie Car-Sharing, Leihfahrräder, Fahrgemeinschaften und anderen Formen der Mikromobilität. Auch diesbezügliche daten- und App-gestützte Vermittlungsplattformen sind Teil ihrer Strategie. Zudem soll der Güterverkehr in der EU spätestens ab 2030 komplett papierlos stattfinden.

Damit solche „nahtlosen multimodalen Personenverkehrsdienste durch integrierte elektronische Fahrscheinsysteme“ auch Realität werden, gelte es, so die Kommission, zahlreiche Probleme bei der Verfügbarkeit und Zugänglichkeit von Daten zu lösen. Hier sei die Zusammenarbeit zwischen Anbietern und Verkäufern derzeit suboptimal. Es würde grundsätzlich an Interoperabilität mangeln, also an standardisierten Formaten und Prozessen zum gegenseitigen Datenaustausch zwischen den Mobilitätsanbietern.

Konkret will die Kommission, nach eigenen Aussagen, ab 2021 „Regulierungsmaßnahmen vorschlagen, die die Voraussetzungen für innovative und flexible Fahrscheine schaffen, mit denen sich verschiedene Verkehrsträger kombinieren lassen und die den Fahrgästen eine echte Option für Reisen von ‘Tür-zu-Tür‘ bieten“. Auf diese Weise könnten beispielsweise Luftfahrtunternehmen – unter Einhaltung des Wettbewerbsrechts – zukünftig verstärkt Fahrkarten für Züge, Reisebusse und andere nachhaltige Verkehrsmittel für die nachfolgenden Teilstrecken einer Reise anbieten.

Gemeinsamer Mobilitätsdatenraum

Um sowohl das intermodale, grenzüberschreitende E-Ticketing als auch weitere übergreifende Services zu erleichtern, strebt die Kommission einen gemeinsamen, EU-weiten Mobiltätsdatenraum an. Auf Basis von Gaia-X – dem EU-weiten Dateninfrastruktur- und Cloud-Projekt – soll der Mobilitätsdatenraum möglichst viele Verkehrsdaten und -informationen speichern, zugänglich machen und möglichst leicht austauschbar anbieten.

Für den EU-Mobilitätsdatenraum sollen unter anderem verbesserte Koordinierungmechanismen eingerichtet werden, damit die nationalen Zugangsstellen beim Datenaustausch optimaler kooperieren. Welche Rolle frei zugängliche Daten und offener Datenaustausch, kurz: Open Data, hierbei spielen können und sollen, darüber tauschten sich Mitte November aus die Teilnehmer*innen der EU-weiten Online-Konferenz „Open Data for Smart Mobility“. (Anlässlich dieser Konferenz ging Emmett an den Start).

Insbesondere adressiert das EU-Strategiepapier den interoperablen Datenaustausch im Schienenverkehr. Diesbezüglich sollen unter anderem die geltenden Rahmenbedingungen für Bahntelematikanwendungen überprüft und angepasst werden. Dieser Fokus auf die Schiene steht auch im Zusammenhang damit, dass Kommission, Rat und Parlament der EU hatten beschlossen, das Jahr 2021 zum „Europäischen Jahr der Schiene“ zu erklären und den Bahnverkehr durch Aktionen und Förderungen besonders zu unterstützen.

Künstliche Intelligenz für Mobilität

Außerdem nimmt sich die EU im Rahmen ihrer Smart Mobility-Strategie auch vor, den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) für die Mobilität mittel- und langfristig zu fördern. Eine KI-Roadmap soll dann konkrete Unterstützungsmaßnahmen enthalten, die sich beispielsweise darauf beziehen, Drohnen und unbemannte Flugzeuge einzusetzen.

Passauer Erklärung vom Oktober 2020

Dem Strategie-Papier der Kommission gingen zahlreiche EU-weite Beratungen voran. Dazu gehörte unter anderem eine virtuelle informelle Tagung der Verkehrsminister*innen der EU- bzw. EFTA-Staaten (Europäische Freihandelsassoziation), die Ende Oktober 2020 im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft stattfand.

Dort verabschiedeten die Minister*innen die „Passauer Erklärung: Smart Deal for Mobility -
mit Digitalisierung die Mobilität der Zukunft gestalten – nachhaltig, sicher und effizient.“ (PDF)
. Darin identifizieren sie insgesamt fünf Handlungsbereiche, darunter die Förderung von Innovationen für digitale Mobilität.

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