Emmett @ mFUND-Konferenz: Eigenständig und sicher ans Ziel kommen – dank Daten

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Henry Steinhau

Emmett @ mFUND-Konferenz: Eigenständig und sicher ans Ziel kommen – dank Daten

Soll der öffentliche Personenverkehr für alle Menschen gut zugänglich sein, muss er Barrieren abbauen. Zudem gilt es, die Daten über barrierefreie Wege zu teilen, damit insbesondere eingeschränkte Menschen davon profitieren können. Wie das für neuartige Indoor-Navigationsdienste umgesetzt wird und wie sie an die erforderlichen Daten kommen, erklären Beteiligte aus vier mFUND-Projekten bei der diesjährigen mFUND-Konferenz.

Um barrierefrei durch den Mobilitätsalltag zu kommen, sind Aufzüge und Rampen, taktile Leitstreifen am Boden und verständliche Lautsprecheransagen hilfreich. Doch Barrierefreiheit meint auch, dass eingeschränkte Menschen auf Informationen zu den Gegebenheiten und Verkehrsgeschehnissen vor Ort zugreifen können – an Bus- und Tram-Haltestellen genauso wie in Bahnhöfen oder Flughäfen und öffentlichen Gebäuden.

Denn sie wollen nicht nur eigenständig den Haupteingang erreichen, sondern selbstverständlich auch das richtige Gleis im Bahnhof oder das richtige Zimmer im Rathaus. Aufgrund fehlender oder fehlerhafter Angaben zu Aufzügen, Baumaßnahmen oder Ersatzverkehr unnötige Wege absolvieren zu müssen, ist für geh- oder sehbehinderte Menschen besonders beschwerlich – und besonders ärgerlich. Indoor-Navigationsdienste, die auf ihre Bedarfe zugeschnitten sind, könnten helfen, das zu vermeiden. Dies gilt umso mehr, wenn sie rechtzeitig mitteilen, dass statt des Zuges vom Bahnsteig ein Ersatzbus vom Bahnhofsvorplatz abfährt oder der Aufzug im anvisierten Gebäudetrakt außer Betrieb ist.

Wie solche Indoor-Navigations- und Echtzeitdatendienste umgesetzt werden und wie sie dann für die Nutzer:innen funktionieren, vermittelt ein Fachforum bei der diesjährigen mFUND-Konferenz. Unter der Überschrift „Barrierefreiheit im öffentlichen Personenverkehr mit Datenanwendungen voranbringen“ stellen vier mFUND-Projekte ihre Lösungen vor. Nach kurzen Präsentationen stehen die Speaker:innen für Nachfragen und Diskussionen mit den Teilnehmer:innen bereit.

Indoor-Navigation für Kliniken und Krankenhäuser

Ein geeignetes Anwendungsfeld für Indoor-Navigation sind beispielsweise Kliniken und Krankenhäuser. Die oft riesigen Gebäudekomplexe mit ihren zahlreichen Aufgängen und Etagen, langen Fluren und fachlichen Bezeichnungen sind schwer zu überblicken. Die Ordnungs- und Leitsysteme bleiben oft unübersichtlich, sodass Besucher:innen leicht die Orientierung verlieren – erst recht, wenn sie als Blinde oder Sehbehinderte Hinweistafeln und Türschilder nicht lesen können.

An diesem Punkt setzt das mFUND-geförderte Forschungsprojekt CliWebNav an. Es hat das Ziel, einen digitalen Navigations-Assistenten zu entwickeln, der Besucher:innen mittels spezieller Signale zu ihrem Ziel führt. Hierfür setzt das Projektteam in einem ausgewählten Krankenhaus sehr genaue Indoor-GPS-Daten sowie Ultraschall-Technologien ein. Der Dienst soll in die Klinikwebseite integriert werden, sodass keine separate App erforderlich ist.

Cliwebnav, Indoor-Navigationsdienst für Barrierefreiheit in Klinikgebäuden
Der Indoor-Navigationsdienst soll für Barrierefreiheit in Klinikgebäuden sorgen. Foto: DRK-Krankenhaus Grevesmühlen gGmbH
Automatisierte Vermessung und Kartierung von Innenräumen per Roboter

Damit eine Indoor-Navigation gut und insbesondere für eingeschränkte Menschen verlässlich funktioniert, muss sie die realen Gegebenheiten in Gebäuden abbilden. Allerdings lassen sich diese nicht immer hinreichend aus Bauplänen ableiten, etwa, weil Mobiliar in Fluren steht oder weil Türen – aus welchen Gründen auch immer – unzugänglich gemacht wurden.

Mit dem indoor-Robot schicken die Beteiligten des gleichnamigen mFUND-Projekts einen mit Sensoren bestückten Roboter in die Gebäude. Auf seinem Weg scannt und vermisst er die Räumlichkeiten, um sie in digitale 3D-Daten zu überführen. Zugleich erfasst er auch etwaige Hindernisse wie Bodenschwellen oder kleine Stufen. Im Ergebnis soll eine App insbesondere sehbehinderten Gebäudebesucher:innen ermöglichen, mittels akustischer Signale sicher und zügig zum gewünschten Raum oder Ausgang zu gelangen.

Roboter scannt einen Raum
Der Indoor-Roboter speichert und überträgt die von ihm aufgezeichneten Daten zu den Gegebenheiten …
Indoor-Navigationsapp für mehr Barrierefreiheit
… , die dann für Navigationshinweise in der App eingesetzt werden.
Ein sehbehinderter Mann navigiert mit einer App durch ein Behördengebäude
Die App navigiert beispielsweise Sehbehinderte in Gebäuden mittels akustischer Informationen zu ihrem Ziel.
Daten über Barrierefreiheit im ÖPNV mittels Datenspender:innen sammeln

Auch Bahnhöfe, mehrspurige Bus- oder Tramhaltestellen und ähnliche ÖPNV-Knotenpunkte sind oft komplexe Gebäude beziehungsweise Anlagen. Damit sich eingeschränkte Menschen zwischen Bahnsteigen, Plattformen, Wartehäuschen, Treppenab- und -aufgängen zurechtfinden können und den besten, sprich hindernisärmsten, Weg finden, gilt es auch hier, digitale, mobile Leitsysteme mit aktuellen Daten über die tatsächlichen Gegebenheiten zu füttern.

Um das zu gewährleisten, setzt das Team des mFUND-Projekts OPENERnext auf die aktive Mitwirkung von Freiwilligen, die Daten über mögliche Barrieren im ÖPNV erfassen und eingeben. Dafür entwickelte es eine spezifische App. Zudem sollen Aktionen wie „Mapping-Partys“ dafür sorgen, dass sich möglichst viele Menschen an der Datenerfassung beteiligen. Um die Qualität der gesammelten Angaben zu sichern, werden diese mit externen Daten abgeglichen, etwa mit solchen aus der frei verfügbaren OpenStreetMap, und ergänzt. [Mehr darüber, wie offene Daten zu mehr Barrierefreiheit beitragen können, lesen Sie in diesem aktuellen Artikel.]

Vorhandensein und Betriebszustand von Aufzügen an Navigationsdienste übermitteln

Wenn Aufzüge in Bahnhöfen, Flughäfen oder anderen Mobilitäts- und öffentlichen Gebäuden die einzige Alternative zu Treppen sind, ist es insbesondere für eingeschränkte Menschen entscheidend zu wissen, wo sie sich befinden – und ob sie gerade intakt sind. So erstaunlich es auch klingen mag: Diese vergleichsweise simple Information – ein Aufzug ist entweder vorhanden oder nicht, ist betriebsbereit oder nicht – ist in vielen Fällen nur schwer oder gar nicht als digitaler Datensatz zu erhalten.

Um das zu ändern, entwickelte das Team des mFUND-geförderten Projekts Elevate Delta in mehreren Schritten eine Lösung, um Echtzeit-Informationen zu Aufzügen im öffentlichen Raum systematisch zu erschließen und zu standardisieren. Dazu sollen die in der Branche gängigen „Standard General Transit Feed Specifications“ (GTFS) um die betreffenden Aufzugsdaten erweitert werden. Hierfür gilt es, bestimmte Aufzüge mit passender Hardware aufzurüsten, die diese Daten erfasst und sendet.

Hinweise

Das von Emmett organisierte und moderierte Fachforum „Barrierefreiheit im öffentlichen Personenverkehr mit Datenanwendungen voranbringen“ findet am ersten Tag der mFUND-Konferenz statt, am 19. Oktover 2021 von 13:45 Uhr bis 15:15 Uhr.

Die mFUND-Konferenz 2021 bietet spannende Foren und Workshops rund um Mobilität, Daten und Digitalisierung. Darin werden auch die Ergebnisse vieler mFUND-Projekte vorgestellt. Bitte beachten Sie das Programm und den Veranstaltungsablauf. Wir bitten um Anmeldung zur kostenlosen Teilnahme.

Hören Sie sich auch die siebte Ausgabe von unserem Podcast Emmett in Transit zum Thema Barrierefreiheit an.

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