Foto: Lena Rickenberg, Emmett

Blick in eine Messehalle mit vielen Ausstellungsständen

Bericht über den Smart City Expo World Congress in Barcelona

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Lena Rickenberg

Bericht über den Smart City Expo World Congress in Barcelona

Beim internationalen Smart City Expo World Congress tauschten sich 20.000 Teilnehmende in Barcelona darüber aus, wie Städte den Folgen des Klimawandels begegnen und sich dafür mitunter neu erfinden. Im Konferenzprogramm und an den Messeständen spielten Begriffe wie Nachhaltigkeit und Lebensqualität, aber auch Themen wie „Gender und Verkehr“ eine wichtige Rolle. Emmett war vor Ort dabei.

Der Smart City Expo World Congress fand dieses Jahr vom 15. bis zum 17. November 2022 wieder live statt – nachdem er in den Vorjahren coronabedingt auf virtuelle Formate auswich. Mit 20.000 Teilnehmenden aus insgesamt 700 Städten und 140 Ländern weltweit stellte er laut der Messe Barcelona einen neuen Rekord auf. Die deutschen Smart Citys, Regionen und Unternehmen waren mit insgesamt 130 Austellenden besonders sichtbar und präsent.

Seit 2011 findet der internationale Kongress in Barcelona statt – einer Stadt, die durch progressive Stadt- und Verkehrsplanung international von sich reden macht. Die kombinierte Messe- und Konferenz-Veranstaltung richtet sich gezielt an Vertreter*innen von Städten. Sie bietet Teilnehmenden, Ausstellenden und Sprecher*innen Raum und Zeit, um Wissen und Erfahrungen auszutauschen, urbane Innovationen voranzubringen und den Weg für eine bessere Zukunft für alle Menschen zu ebnen.

Große Kongresshalle, Menschen laufen auf den Eingang zu im Vordergrund stehen große Buchstaben auf dem Boden, die das Wort Barcelona bilden

Foto: Lena Rickenberg, Emmett

Blick auf eine der Messehallen, in denen der Smart City Expo World Congress stattfand

Nach Angaben der Veranstalterin hat sich die Messe über die letzten Jahre stark gewandelt. So sei es anfangs verstärkt um die Optimierung und Schaffung von smarter Infrastruktur in den Städten – oftmals als Selbstzweck – gegangen. „Der ganze Sektor ist deutlich gereift – es gibt sowohl auf Seiten der Städte wie auch auf Seiten der Aussteller mehr Verständnis für die Bedürfnisse des anderen“, beobachtete Sascha Thorn, der die deutschen Ausstellenden auf der Messe betreut, und erklärt: „Früher waren mehr Anbieter von Infrastrukturlösungen vor Ort, die die Messeteilnahme wie eine reine Vertriebsplattform organisierten. Hier erfolgte in den vergangenen Jahren eine Bereinigung. Erfolgreiche Aussteller wissen die ständige Interaktion mit den Fachbesuchern – beispielsweise im Rahmen von Vorträgen oder sonstigen Events rund um die Messe – hervorzuheben.“ Inzwischen gebe es auch eine erhöhte Nachfrage von Seiten der Städte nach Anbieter*innen, die im richtigen Umgang mit Daten unterstützen können. Dies spiegelte sich nicht nur im Konferenzprogramm, sondern auch an den Messeständen der Städte und Unternehmen wider.

Städte müssen sich neu erfinden

Städte stehen vor vielen Herausforderungen: der Bekämpfung der Folgen des Klimawandels , dem richtigen Umgang mit der Digitalisierung oder der Anpassung der administrativen Prozesse an eine Welt, die sich immer schneller dreht. Insbesondere der Begriff Nachhaltigkeit war auf dem Smart City Expo World Congress allgegenwärtig: So wollen viele Städte klimaneutral werden und dazu einerseits geeignete Technologien nutzen sowie andererseits neue Formen der Kooperation mit Bürger*innen und Unternehmen wagen.

Im Konferenzprogramm mit seinen insgesamt 350 Sprecher*innen zeigte sich anhand der Vorträge und Präsentationen deutlich, dass die Städte bei ihrer Stadt- und Verkehrsplanung mutiger werden sollen. Mit seiner Keynote auf der großen Bühne „Auditorium“ warb Professor Marco te Brömmelstroet von der Universität Amsterdam mit voller Überzeugung für eine Stadt mit weniger Autos und mehr Aufenthaltsqualität.

Ihm folgte an gleicher Stelle Mikael Colville-Andersen, Autor des Buchs „Copenhagenize“. In seinem Vortrag „Techno-Optimism vs. Actual Human Needs“ brachte er die Zuschauer*innen zum Nachdenken, ob immer Technologie benötigt wird, um Probleme zu lösen, – oder ob Städte, wenn sie auf „Low Tech“ wie das Fahrrad und radverkehrsgerechte Infrastruktur setzen, nicht sogar besser für die Zukunft gewappnet sind.

Ein Mann auf der Bühne, ist in Bewegung und referiert

Foto: Lena Rickenberg, Emmett

In seiner Keynote erörterte Mikael Colville-Andersen, dass smarte Städte auch von „Low-Tech“-Lösungen profitieren, etwa durch Ausbau der Fahrrad-Infrastruktur
Crossover mit der Tomorrow.Mobility-Konferenz

Zum diesjährigen Kongressprogramm zählten auch Nebenveranstaltungen, Netzwerktreffen und Preisverleihungen, wie der Smart City Award sowie die Tomorrow.Mobility-Konferenz. Außerdem konnten Mobilitätsinteressierte Pitches, Solution Talks und Panels besuchen. Bei diesen Formaten standen insbesondere die Finanzierung von Mobilitätslösungen, die Logistik auf der letzten Meile und urbane Mobilität in der Luft im Fokus.

Am zweiten Konferenztag lag ein Schwerpunkt auf den Themen „Gender und Verkehr“ und „inklusive Mobilität“. Heather Allen, unabhängige Beraterin für Gender und Verkehr, zeigte in ihrer Keynote mit dem Titel „New Ways to Achieve Gender Quality in Transport” die Unterschiede zwischen typisch männlicher und weiblicher Mobilität auf. Sie erläuterte, warum Frauen sich im öffentlichen Raum und im Verkehrssystem weniger frei bewegen können.

Um das Problem zu erkennen und anzupacken, brauche es in Städten in erster Linie ein Bewusstsein dafür. Zugleich seien mehr gendersensible Daten für die Stadt- und Verkehrsplanung erforderlich, um zielgerichtete Gegenmaßnahmen und Präventionen einleiten zu können. Laut ihrer Studie „Counting Women so that Women Count“ bewerten Verkehrsexpert*innen die Lage bei gendersensiblen Verkehrs- und Mobilitätsdaten als schlecht. (Auch Emmett berichtete über das Thema Gender Data Gap).

Praktische Lösungsansätze lieferte Tim Walker, Gründer der Stiftung Walk21: Mithilfe der „W-her“-App können Frauen in Italien berichten, wo sie sich im öffentlichen Verkehr und in öffentlichen Räumen unsicher fühlen und so andere Frauen vor diesen Gefahrenstellen warnen. Mit „Walkability“ entwickelte die Stiftung zudem eine App, mit der Bürger*innen infrastrukturelle Umbaumaßnahmen bewerten können, sodass Stadtverwaltungen direktes Feedback bekommen.

Best-Practice-Beispiele von Städten aus aller Welt

Positiv fiel auf, dass die Veranstalter*innen das Konferenzprogramm paritätisch gestaltet haben und es für Menschen mit Einschränkungen auf dem Messegelände viele Unterstützungsangebote gab, wie extra reservierte Stuhlreihen und elektrische Gehhilfen zum Ausleihen.

Auf den kleinen Bühnen in der „Mobility Agora“ oder an den diversen Ausstellungsständen präsentierten Unternehmen ihre smarten Lösungen und stellten Städte aus aller Welt ihre Best-Practice-Beispiele vor. So gab es zum Beispiel Einblicke in Städte wie London, Barcelona und Tel Aviv, auch die südkoreanische Hauptstadt Seoul und die saudi-arabische Stadt Medina zeigten auf dem Kongress Präsenz.

Den Teilnehmenden mag nicht immer ersichtlich gewesen sein, wie viel „Smartness“ in den smarten Städten tatsächlich steckt und wie viel davon eher smartes Branding ist. Doch sie – und so auch das Emmett-Team – konnten sich in unzähligen Gesprächen mit Smart-City-Begeisterten austauschen und wichtige Erkenntnisse darüber sammeln, wie Städte in ganz unterschiedlichen Teilen der Welt mit den Herausforderungen unserer Zeit umgehen.

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