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Frauenförderung und Chancengleichheit in der Mobilitätsbranche

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Julia Nothnagel

Frauenförderung und Chancengleichheit in der Mobilitätsbranche

Worin liegen die Ursachen für den niedrigen Anteil an Frauen in der Mobilitätsbranche? Welche Chancen und Grenzen gibt es für die Frauenförderung? Diese Fragen diskutierten die rund 60 Teilnehmenden einer Netzwerkveranstaltung der Women for Datadriven Mobility. Gemeinsam mit der Parlamentarischen Staatssekretärin im BMDV, Daniela Kluckert, sowie Vertreterinnen aus dem BMDV und dem BMWK loteten sie diesbezügliche Maßnahmen und Perspektiven aus.

Im europäischen Verkehrs- und Transportsektor betrug der Frauenanteil bei den Beschäftigten im Jahr 2019 laut EU‑Kommission 22 Prozent. Bei den Start-up-Gründungen im Jahr 2022 gab es – einer Erhebung des Deutschen Startup Monitors zufolge – lediglich 20 Prozent Frauen als Gründerinnen. Diese Befunde nahm das Netzwerk Women for Datadriven Mobility (WDM) zum Anlass für eine weitere Veranstaltung. Ausgangspunkt war die Frage, welche strukturellen Veränderungen benötigt werden, um mehr Frauen für die Mobilitätsbranche zu gewinnen. Wie gelingt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie? Und welche Rahmenbedingungen sind für eine erfolgreiche Frauenförderung nötig?

Foto, das Daniela Kluckert zeigt, links neben ihr eine Deutschland-Fahne und eine EU-Fahne, hier ihr eine blaue Wand, auf der die Internetadresse des BMDV mehrfach zu lesen ist.

Screenshot des Videostandbildes: Emmett

Daniela Kluckert, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Digitales und Verkehr (BMDV), während ihres Grußworts
Gender Data Gap auch auf EU-Ebene behandeln und regulieren

„Es geht viel Potenzial verloren, wenn Diversität nicht mit bedacht wird, sagte Daniela Kluckert, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Digitales und Verkehr (BMDV), die die Veranstaltung eröffnete. Sie betonte in ihrem Grußwort, dass die Perspektive von Frauen bereichsübergreifend stärker verankert werden müsse. Dafür sei es zum einen essenziell, auf die bestehende Gender Data Gap und die Unterrepräsentanz von weiblichen Daten, beispielsweise im Umgang mit KI, konsequent aufmerksam zu machen und dies gesetzlich auch auf EU-Ebene zu regulieren. Zum anderen müssen bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die Mobilitätsbranche für Frauen attraktiver zu gestalten. Im BMDV seien bereits Maßnahmen ergriffen worden, beispielsweise durch die Möglichkeit, eine Referatsleitung auf zwei Stellen aufzuteilen. Das komme nicht nur Frauen zugute, sondern biete auch Männern eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Zusätzlich seien Unternehmen gefragt, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, indem sie den Arbeitsalltag gezielt an weibliche Bedürfnisse anpassen und verändern.

„Die Stärkung der Position von Frauen muss mit konkreten Maßnahmen forciert und in den Blick genommen werden.“ Daniela Kluckert, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Digitales und Verkehr (BMDV)

Dass es sich bei der Frauenförderung um eine Gemeinschaftsaufgabe handelt, wurde auch in den nachfolgenden Impulsvorträgen deutlich, gehalten von Imke Andresen, Gleichstellungsbeauftragte des BMDV, und Susanne Kellberger, Förderprogramm EXIST, PtJ, das das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) durchführt.

Gleichstellung mit Bottom-up-Ansatz: Mitarbeiter*innen können sich einbringen

Imke Andresen unterstrich, dass die Strukturen in der öffentlichen Verwaltung bereits unterschiedliche Arbeitsmodelle unterstützen, etwa mit Angeboten zu mobilem Arbeiten, Teilzeitmodellen oder dem Anspruch auf Elternzeit. Frau Andresen betonte zudem, dass Frauen für Führungspositionen anders angesprochen werden müssten und es eine zielgruppengerechtere Fortbildung bräuchte – Frauen führten meist anders, dem müsse Rechnung getragen und dies sollte unterstützt werden.

„Gute Strukturen reichen aber nicht aus, ergänzte die Gleichstellungsbeauftragte. Umfragen im BMDV hätten gezeigt, dass die Themen Frauenförderung und Gleichberechtigung noch zu wenig Anklang finden und der alle vier Jahre aufgestellte Gleichstellungsplan nur wenigen Befragten bekannt sei. Zudem sei die Umsetzung des Plans in den vergangenen Jahren nicht immer konsequent vorangetrieben worden. Der neue Plan, der bis zum Ende des Jahres beschlossen werden soll, soll ihrer Auffassung nach kein Papiertiger werden. Erfreulicherweise wurden in der Befragung auch gute Vorschläge seitens der Mitarbeiter*innen eingereicht.

Dieser Bottom-up-Ansatz, dass Mitarbeiter*innen sich einbringen können, sei neu und befördere sowohl die Mitbestimmung als auch die Bekanntheit des Plans und der in ihm enthaltenen Maßnahmen. Es gehe darum, ein gemeinsames Verständnis für das Thema zu schaffen, es nach innen und außen sichtbar zu machen und so Akzeptanz zu schaffen. Einen Grundstein dafür legte Andresen mit der Initiierung eines Frauennetzwerks im BMDV, das sich auch an nachgeordnete Behörden des Ministeriums richtet. Damit möchte Andresen Bedarfe definieren und die Vernetzung von Frauen fördern. Aktivitäten wie die Women for Datadriven Mobility seien ein bedeutendes Mittel für Frauen, um sich aktiv einzubringen und ihre eigene Sichtbarkeit zu stärken.

Ein Thema, das Frau Andresen mit in die Diskussion im BMDV und in das Frauennetzwerk gab, ist das des „Gender Budgetings. Damit ist gemeint, bei der Aufstellung der Haushaltsplanung jene Maßnahmen durchzuführen und zu etablieren, die zur Gleichstellung der Geschlechter beitragen. Sie sehe es als ihre Aufgabe an, so Andresen, solche Aspekte innerhalb des Hauses und mit den Gleichstellungsbeauftragten der anderen Ministerien zu besprechen.

Gründer oder Gründung? Beim Namen fängt es an

Susanne Kellberger schlug mit ihrem Impulsvortrag die Brücke zwischen der Gründungsszene und der Mobilitätsbranche. Sie zeigte auf, dass das Ökosystem der Start-ups nach wie vor stark männlich geprägt sei. Dabei seien dringend mehr Gründerinnen und diversifizierte Teams erforderlich. Um das stärker zu steuern, setzte sie sich für mehr Frauenförderung in Förderrichtlinien und -programmen ein. Das beginne schon mit kleinen Änderungen wie der Umbenennung von „Gründerstipendium“ in „Gründungsstipendium.

Zudem umfasse Frauenförderung in diesem Bereich auch höhere Pauschalen für diversifizierte Teams oder die Anpassung der Projektlaufzeiten an Bedarfe wie Mutterschutz und Elternzeit. Mit EXIST Women sei außerdem ein Programm geschaffen worden, dass sich speziell an gründungsinteressierte Frauen richte. Neben einer finanziellen Förderung beinhalte es auch Begleitmaßnahmen wie Vernetzungsveranstaltungen, Coaching und Mentoring-Angebote. „Frauen haben gute Ideen und gründen eher impactorientiert – also genau das, was wir brauchen, um die großen Probleme der Gegenwart zu lösen. Dieses Potenzial können und dürfen wir nicht liegen lassen, führte Kellberger aus.

Den Bedarf an Veränderung unterstrich am Ende der Veranstaltung eine Umfrage unter den Teilnehmenden. Auf die Frage, wie weit sie Frauenförderung und Chancengleichheit in der Mobilitätsbranche verwirklicht sehen, gaben 39 Prozent der Befragten an, dass die Branche zwar auf einem guten Weg, aber noch mehr möglich sei. 52 Prozent waren der Meinung, dass noch zu viel geredet und zu wenig umgesetzt werde.

Infografik mit Balkendiagrammen, die die Verteilung der Antworten auf die Umfrage zu Frauenförderung Chancengleichheit zeigen.  39 Prozent sagen: Auf einem guten Weg, aber da geht noch mehr. 52 Prozent sagen, es wird noch zu viel geredet und zu wenig umgesetzt. 9 Prozent sagen, auf die erste Verkehrsministerin warten wir noch lange.

Screenshot: Emmett

So antworteten die Teilnehmer*innen des WDM-Events
Von Frauenförderung profitieren alle Menschen gleichermaßen

Astrid Ullwer vom Referat DP 24 des BMDV, das das Förderprogramm mFUND organisiert und verwaltet, zeigte in ihrem Beitrag zum Abschluss der Veranstaltung auf, dass Frauenförderung auch im mFUND ein wichtiges Thema ist. Diese erfolge nicht aus einem Selbstzweck heraus, sondern um Entwicklungen zu fördern, von denen alle Menschen gleichermaßen profitieren.

Mit dem „Women for Datadriven Mobility“-Netzwerk würden weibliche Bedürfnisse in den Fokus gerückt und ihre Sichtbarkeit in der Mobilitätsbranche gestärkt. Es sei daher ein Bestandteil der Begleitforschung, der auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen werde.

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