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Eine eine neue Weiche liegt neben alten Bahngleisen

Reaktiv, präventiv, prädiktiv: Wie KI-Verfahren die Qualität von Schienen verbessern sollen

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Anne Lammers

Reaktiv, präventiv, prädiktiv: Wie KI-Verfahren die Qualität von Schienen verbessern sollen

Damit Fern- und Güterzüge, Straßen- oder U-Bahnen zuverlässig rollen, müssen die Schienen kontinuierlich überwacht und, wenn nötig, saniert werden. Das ist eine gewaltige Aufgabe. Zwei neue Projekte im mFUND wollen Instandhaltungsprozesse vereinfachen und optimieren.

Im Januar 2020 rief der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) das „Jahrzehnt der Schiene“ aus. In diesem Jahrzehnt sollen 86 Milliarden Euro in die Modernisierung und den Ausbau des Bahnnetzes fließen, in die Sanierung von Bahnbrücken, aber auch in das Schienennetz selbst. Tatsächlich investierten Bund und Deutsche Bahn schon im ersten Jahr knapp 12,2 Milliarden Euro in das Schienennetz. Sie erneuerten damit rund 1.500 Kilometer Gleise und 1.500 Weichen.

Zur Einordnung: Das Schienennetz der Eisenbahnen in Deutschland hat derzeit eine Länge von etwa 38.400 Kilometern, dessen Zustand, mögliche Schäden und Erneuerungsbedarfe ermittelt werden müssen. Herkömmliche Schienenprüfungsverfahren sind häufig reaktiv, es wird also erst im Schadensfall eingegriffen. Seltener sind sie präventiv durch regelmäßige, routinierte Instandhaltung. Zukünftig sollen die Prozesse prädiktiv wirken, das heißt, vorausschauend und präzise dort greifen, wo Schäden zu erwarten sind. Die Basis dafür bilden Verfahren Künstlicher Intelligenz (KI).

Mit KI zur besseren Kenntnis von Schienenzuständen

Das Deutsche Zentrum für Schienenverkehrsforschung (DZSF) ist eine unabhängige Forschungseinrichtung des Bundes, die ein offenes digitales Testfeld für den Schienenverkehr betreibt. Zwischen Halle (Saale) und Niesky kann dort unter Realbedingungen Schienenverkehr erforscht werden. Das mFUND-Projekt AIFRI (KI-basierte Analyse von Schienenprüfdaten für eine optimierte Instandhaltungsplanung) nutzt diese Teststrecke derzeit zur Erprobung einer eigenen IT-Anwendung, die Daten aus Schieneninspektionsfahrten besser nutzbar machen soll. Bei allen Schritten der Datenerhebung, -analyse und -visualisierung sollen KI-Anwendungen zum Einsatz kommen, die präziser als bisherige, teil-automatisierte Verfahren Auskunft über Ausmaße und Arten von Schäden geben. So sollen zukünftig Instandhaltungsmaßnahmen am tatsächlichen Zustand der Schienen ausgerichtet werden können.

Das Projekt wird mit rund 1,9 Millionen Euro im mFUND gefördert. Der Förderzeitraum begann im Dezember 2021 und endet im November 2024. Beteiligt sind neben dem DZSF die DB Netz AG, die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, das Softwareunternehmen ZEDAS, die TU Berlin sowie das Prüfunternehmen Vrana.

Mit KI zu einem reibungslosen Straßenbahnverkehr

Städte können laut sein. Reger Straßenverkehr und viele Menschen sorgen oftmals für einen kontinuierlich hohen Geräuschpegel. Auch Schienenverkehre können dazu beitragen, wenn sich Straßenbahnen etwa laut quietschend durch enge Gassen schlängeln. Um zumindest diese Art des Lärms zukünftig zu vermeiden, arbeitet das Projekt OnboardEU (Onboard-Daten für die Erkennung von Gleisfehlstellen) an neuen Messinstrumenten, die direkt an Straßenbahnen montiert werden und auf zwei verschiedenen Wegen Daten über Gleisschäden sammeln. Beschleunigungssensoren nehmen Vibrationen und Erschütterungen wahr, während Mikrofone Schall und Lärm detektieren. Die ermittelten Daten sollen schon an Bord der Straßenbahn mit KI-Verfahren ausgewertet und exakt auf einer Karte festgehalten werden. Unter Hinzunahme weiterer, bereits verfügbarer Daten über Schienenschäden wird ein Algorithmus trainiert, sodass am Ende automatisierte Datenauswertungen möglich sein sollen, die die effiziente, vorausschauende Streckenüberwachung erlauben. Über die mCLOUD wird schließlich ein Trainingsdatenkatalog bereitgestellt, damit auch nach Projektende an weiteren KI-Anwendungen gearbeitet werden kann. Die Mitarbeitenden statten insgesamt zwölf Fahrzeuge in mehreren europäischen Städten mit den Messinstrumenten aus, unter anderem in Hannover und Düsseldorf.

Das Projekt hat eine Laufzeit von knapp drei Jahren und startete im Dezember 2021. Gefördert wird es im mFUND mit rund 760.000 Euro. Als Verbundkoordinator fungiert das Institut für Verkehrssystemtechnik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Beteiligt sind ferner das Austrian Institute of Technology und das Messtechnikunternehmen i4M technologies.

WEITERE PROJEKTSTARTS IM mFUND – IN EINEM SATZ

Auch in diesen Projekten geht es um die Instandhaltung von Infrastruktur mithilfe digitaler Verfahren:

  • TWIN4ROAD: Digitale Zwillinge ermöglichen die regelmäßige und automatisierte KI-basierte Zustandsüberwachung des deutschen Straßennetzes.
  • ENGINEER: Die Bundesanstalt für Wasserbau digitalisiert den Planungsprozess von Labyrinth-Wehren, um diese Anlagen schneller bauen zu können.
  • mdfBIM+: Messdaten aus Drohnenflügen und KI-basierte Analysen münden in digitale Zwillinge von Brücken, sodass deren Instandhaltung vereinfacht wird
mFUND-KURZSTRECKE

Mitmachen: Das Projekt GOAT unterstützt mit wissenschaftlichen Verfahren die Fuß- und Radverkehrsplanung. Dafür haben die Projektverantwortlichen eine Umfrage zur Erreichbarkeit alltäglicher Ziele im eigenen Umfeld geschaltet.

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