Vom Förderprojekt zur Gründung – so geht's

in die Zwischenablage kopiert

Zuletzt bearbeitet am

Redaktion Emmett

Vom Förderprojekt zur Gründung – so geht's

Was tun, wenn das eigene Förderprojekt ausläuft? Für viele Projektteams lohnt es sich, möglichst frühzeitig darüber nachzudenken, wie sich die Schritte vom Forschungs- und Entwicklungsprojekt hin zu einem Unternehmen erfolgreich vollziehen lassen. Im Folgenden fassen wir Erfahrungen und Expert*innenwissen zusammen und listen Tipps und Empfehlungen auf, die sich im Lauf eines Workshops unserer MoveMobility-Begleitforschung ergeben haben.

In diesem Online-Workshop – „mFUND-Workshop: Vom Förderprojekt zur Gründung“ (am 21. Juli 2022) – konnten sich gründungsinteressierte Fördernehmer*innen einen Überblick über verschiedene Optionen der Unternehmensgründung verschaffen. Die Teilnehmenden lernten von mFUND-Projektvertreterinnen und -vertretern, die bereits erfolgreich gegründet haben; und sie konnten ihre Fragen und Herausforderungen mit den anderen Teilnehmenden diskutieren. Dabei profitierten sie besonders von der Möglichkeit, viele Fragen stellen zu können und praxisnahe Hinweise zu bekommen.

Unabhängig davon, ob die Teilnehmenden noch ganz am Anfang ihrer Überlegungen stehen, sich schon mitten im Gründungsprozess befinden oder grundsätzliches Interesse an dem Thema haben – sie konnten mit erfahrenen Gründer*innen sowie Gründungsexpert*innen ins Gespräch kommen. Vertreter*innen vom Bundesministerium für Digitale und Verkehr (BMDV) steuerten Hinweise zu staatlicher Förderung bei, nicht nur durch den mFUND sondern auch durch das EXIST Gründerstipendium.

Programm

10:00 Uhr | Begrüßung und Einführung, Move Mobility, iRights.Lab

10:05 Uhr | Begrüßung, BMDV, Referat DP 24

10:10 Uhr | Vorstellung und moderierter Austausch: Start-up Landschaft in Deutschland und Tipps von Gründungsexpert*innen | mit Christian Sewarte, Director of Sales, The Drivery, und Dr. Thomas Großmann, Forschungszentrum Jülich, Gründungs-, Transfer- und Innovationsförderung, EXIST Gründungsförderung

10:35 Uhr | Breakout-Sessions: Ask me anything mit den Gründungsexpert*innen

11:15 Uhr | Pause

11:25 Uhr | Vorstellung und moderierter Austausch: Peer-to-Peer Learning: Von mFUND-Projekten bei der Gründung lernen | mit Boris Hekele, FixMyCity GmbH, mFUND Projekt FixMyBerlin, und Ulrike Jehle, Plan4Better GmbH, mFUND-Projekt GOAT & GOAT 3.0

11:55 Uhr | Breakout-Sessions: Ask me anything & Peer-to-Peer-Learning mit mFUND-Gründer*innen

12:35 Uhr | Ergebnispräsentation und Austausch

12:55 Uhr | Zusammenfassung und Ausblick

13:00 Uhr | Ende der Veranstaltung

Die Referent*innen

Christian Sewarte

ist Director of Sales bei der Drivery. Die Drivery wurde 2019 gegründet und ist ein Co-Working-Space in Berlin speziell für den Mobilitätssektor, wo Wissenschaftler*innen und Unternehmer*innen zusammenkommen. Er studierte an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg und ging nach einigen Zwischenstopps nach Berlin zur Drivery.

Dr. Thomas Großmann

ist Berater bei EXIST, einem Förderprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, das zum Ziel hat, das Gründungsklima an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu verbessern.

Ulrike Jehle

Frau mit Brille, die am Laptop sitzt

startete mit ihrem Team 2019 das mFUND-Projekt GOAT, aus dem 2021 das Start-up Plan4Better hervorgegangen ist. Seit 2017 hatten sie bereits an einem Prototypen ihrer Software gearbeitet. Mit GOAT entwickelte das Projektteam ein interaktives Webtool, um Erreichbarkeitsanalysen für den Fuß- und Radverkehr sowie die Stadt- und Quartiersplanung zu erstellen. Mit ihrem neuen Start-up Plan4Better wollen Jehle und ihre Kolleg*innen Städte und Regionen zu nachhaltigeren und lebenswerteren Räumen verhelfen. Um das Tool GOAT fortlaufend für die Wissenschaft und Praxis weiterzuentwickeln, bewarben sie sich auf eine weitere Förderung im mFUND. Das Projekt GOAT 3.0 läuft seit 2022. Die Gründung des Start-ups hatte sich erst im Laufe der Projektarbeit ergeben und war ursprünglich nicht geplant. Gleichwohl verfolgte das Projektteam klare Visionen für eine nachhaltige und bedarfsorientierte Mobilität der kurzen Wege und stieß damit auf große Nachfrage aus den Kommunen.

Boris Hekele

hat aus dem 2018 gestarteten mFUND-Projekt FixMyBerlin mit seinem Mitgründer das Start up FixMyCity gemacht (bei Twitter). Sie unterstützen Städte und Kommunen bei der Verkehrswende und hin zur Fahrradstadt. Für die Stadtverwaltungen entwickeln sie digitale Tools und nutzen intelligente Datenanalysen, so dass Radnetze besser entwickelt und ausgebaut sowie Bürger*innen an den richtigen Stellen konstruktiv einbezogen werden können. Um noch eine bessere Datenlage für die kommunalen Radverkehrsnetze zu schaffen, haben sie in diesem Jahr ein zweites mFUND-Projekt OSM-RVP gestartet. Boris Hekele besitzt 18 Jahre Gründungserfahrung in verschiedenen Sektoren, hat aber noch nie ein Unternehmen verkauft, weil er an einer langfristigen Vision interessiert ist.

Warum ist es wichtig, frühzeitig über Gründung nachzudenken?

Bei den mFUND-Projekten und allen wissenschaftlichen Förderprojekten kommt eins ganz bestimmt: das Ende der Projektlaufzeit. Einige Projektteams haben schon einen konkreten Verwertungsplan für ihre Forschungsergebnisse, andere tasten sich im Laufe des Projektes weiter voran. Grundsätzlich gilt es, sich möglichst frühzeitig über die Verwertungsstrategie Gedanken zu machen, vor allem wenn eine Gründung in Erwägung gezogen wird. Auch wenn es inzwischen viele Unterstützungsangebote für angehende Gründer*innen gibt, wie beispielsweise Beratungen, Accelerator-Programme und Inkubatoren, brauchen derartige Prozesse ausreichend (Bedenk-)Zeit: die richtigen Mitgründer*innen finden, einen Businessplan entwickeln und die Bedarfe der potenziellen Kund*innen in Erfahrung bringen.

Warum ist das Thema von großer Relevanz für das BMDV?

Fast 400 Projekte zur Entwicklung von Dateninnovationen für den Mobilitätsbereich hat das BMDV im Rahmen des mFUND-Forschungs- und Entwicklungsförderprogramms bereits bewilligt. Aktuell läuft der zehnte Call for Applications für Projekte zu Dateninnovationen mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten.

Dem BMDV ist es ein großes Anliegen, möglichst viele der in diesem Programm erforschten oder entwickelten Lösungen und Ansätze in die praktische Anwendung zu bringen, also auf die Straße, die Schiene, auf das Wasser oder in die Luft. Damit das gut gelingen kann, müssen die Antragsteller*innen bereits im Projektantrag Möglichkeiten einer (wirtschaftlichen) Verwertung aufzeigen. Nach Bewilligung des Antrages bekommen die Projekte gezielte Hilfestellungen, die sie bei der besseren Verwertung ihrer Projekte unterstützen sollen. So bietet etwa die mFUND-Begleitforschung spezifische Workshops zur Wirkungsmessung von Mobilitätsprojekten und zeigt, wie der Impact dieser Projekte noch ausgebaut werden kann.

Jedoch gehört es nicht zu den eigentlichen Zielen des mFUND-Förderprogramms, die Ausgründung der Projekte direkt zu finanzieren. Dafür gibt es andere Förderprogramme, wie die Gründungsförderung EXIST des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) oder die Angebote der Drivery Berlin, die passende Weiterentwicklungsperspektiven eröffnen können. Aus dem hier dokumentierten Workshop nimmt das BMDV-Referat DP 24 Impulse der Teilnehmer*innen auf, um mFUND-Projekte zukünftig noch besser beim Weg vom Forschungsprojekt zur Gründung unterstützen zu können.

Welche Unterstützungsmöglichkeiten bringen die Gründungsexpert*innen des Workshops mit?

Christian Sewarte und die Drivery in Berlin unterstützen angehende und bestehende Start-ups im Mobilitätssektor:

  • Die 2019 gegründete Drivery ist ein Co-Working-Space für den Mobilitätssektor, wo Wissenschaftler*innen und Unternehmer*innen zusammenkommen.
  • 150 Unternehmen (davon 120 Start-ups) nutzen zurzeit den Co-Working-Space.
  • Der Fokus liegt auf frühphasigen Start-ups, die beim Wachstum begleitet werden, zum Beispiel mit der Vermittlung von Kontakten.
  • Die Drivery-Expert*innen unterstützen Start-ups bei der Suche nach Finanzierung. Sie verwirklichten dabei Finanzierungsrunden von insgesamt 6 Milliarden Euro.
  • Neben Büroräumlichkeiten bietet die Drivery einen Makerspace mit Werkstatt und Garage, in der Start-ups beispielsweise Prototypen zusammenschrauben können.
  • Die Betreiber verstehen ihre Drivery als „Marktplatz“, weil Jungunternehmen dort unterschiedliche Beratungen und Unterstützungsmöglichkeiten anbieten und erhalten, unter anderem zur Finanzierung, zum Aufbau des Teams und zur Öffentlichkeitsarbeit.
  • Sie unterstützen sowohl Gründer*innen, die erstmal nur mit einer Idee kommen, als auch diejenigen, die bereits gegründet und vielleicht sogar schon die erste Finanzierungsphase abgeschlossen haben.

Dr. Thomas Großmann und das EXIST-Gründerprogramm bieten einen Rahmen für die Zeit der Ausgründung:

  • Bei EXIST können Start-ups auf die Erfahrung aus 25 Jahren Förderung zurückgreifen.
  • Das EXIST-Programm ist damit nicht nur das älteste, sondern auch das größte Start-up-Förderprogramm der Bundesregierung.
  • Der europäische Sozialfonds co-finanziert das EXIST-Programm. Dahinter steht der Gedanke, dass Projekte – unabhängig von der tatsächlichen Gründung – schon während der Förderphase wertvolle Erfahrungen sammeln und dazu lernen.
  • Gute Ideen aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen können und sollen in die Gründung eingebracht werden.
  • Das Angebot richtet sich vor allem an Projekte aus der Vorgründungsphase.
  • Je Förderung stehen bis zu 130.000 Euro zur Verfügung.
  • Die Finanzierung ist dafür gedacht, sich ein Jahr lang voll auf die Gründung konzentrieren zu können.
  • Bisher wurden zirka 3.500 Projekte gefördert, die ganz unterschiedliche Bereiche abdecken, von Software über digitale Lösungen bis hin zum Maschinenbau.
  • Es gibt insgesamt zwei Gründungslinien: 1) EXIST-Gründerstipendium, 2) Forschungstransfer. Auf die mFUND-Projekte passt am besten das Gründerstipendium: Hiermit werden deutlich mehr Projekte gefördert und die Anforderungen, es zu erhalten, sind nicht so hoch.
  • Bei EXIST werden etwa 55 Prozent der Förderanträge bewilligt.
Welche Tipps haben die Gründungsexpert*innen an die mFUND- und Förderprojekte?

Der Start – wo anfangen?

  • Viele angehende Gründer*innen würden am Anfang sehr breit denken. Sie müssten ihre Vision und das potenzielle Geschäftsmodell dann auf das Wesentliche herunterbrechen, um sich beim Aufbau nicht zu verzetteln.
  • Ein Start-up zu gründen sei wie ein Baby großzuziehen: Es brauche viel Erziehung und Geduld. Die Geschäftsidee müsse fortlaufend, in einem iterativen Prozess weiter entwickelt und angepasst werden. Dafür sei es ratsam, sich Sparring-Partner dazu zu holen, denen man vertraue und die Erfahrung hätten, zum Beispiel andere Gründer*innen und Unternehmer*innen sowie Business Angels.

Die Rechtsform – was passt?*

  • Die Rechtsform sollte sich nach der Zielsetzung der Gründung richten, etwa wie schnell das Unternehmen plant zu „skalieren“. Gemeint ist, wie schnell das Unternehmen wachsen soll und wie viel Kapital die Eigner*innen dafür aufnehmen müssen. Im Workshop besprachen die Fachleute vor allem drei Optionen:
    • Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) zählt zu den Kapitalgesellschaften: Für sie muss ein gesetzlich geregeltes Mindestkapital von 25.000 Euro vorliegen. Die Haftung auf das Firmenvermögen ist begrenzt.
    • Die Unternehmergesellschaft (UG haftungsbeschränkt) ist ebenfalls eine Kapitalgesellschaft: Die UG bietet sich dann an, wenn die Beteiligten eher „klein“ gründen wollen. Die Gründung ist schnell vollzogen. Es gibt keine Privathaftung für die Gesellschafter und die Investition von 1 Euro Eigenkapital für die Gründung ist sehr gering. Die UG genießt im Vergleich zur GmbH ein geringeres Ansehen bei einigen Investor*innen.
    • Gesellschaft Bürgerlichen Rechts (GbR) ist eine Personengesellschaft: Sie bietet sich an, um schnell in die Unabhängigkeit zu starten und besteht aus zwei oder mehr Personen. Eine GbR ist schnell gegründet, es ist kein Mindestkapital erforderlich, jedoch ist diese Rechtsform für Investor*innen ungeeignet. Wenn das Unternehmen stark wächst, muss die GbR in eine andere Rechtsform überführt werden, zum Beispiel in eine GmbH. Die GbR lohnt sich daher nicht für Start-ups, die skalieren wollen.
  • Grundsätzlich sind alle drei Formen möglich und es muss nach Einzelfall entschieden werden. Allerdings können sogenannte „Mini-GmbHs“ mit eingeschränkter Haftung bei Investor*innen weniger attraktiv sein. Sie sind jedoch eine gute Lösung, wenn das Startkapital gering und eine UG später in eine GmbH umgewandelt werden soll.

* Informationen aus dem Workshop ergänzt durch Internetrecherchen, unter anderem bei „Für Gründer“.

Mitgründer*innen – warum brauche ich welche und wie finde ich sie?

  • Allein ist eine Gründung kaum zu stemmen. Es braucht dafür immer ein Team von mindestens zwei, meistens eher drei Personen.
  • Eine Projektgründung im Team ist ein echtes Commitment – man kann sich das wie eine Ehe vorstellen: Im Rahmen einer Gründung wird es auch immer schwere Zeiten geben, die gemeinsam gemeistert werden müssen. Daher gilt es, sich im Vorfeld Gedanken darüber zu machen, mit wem man diesen Weg gehen möchte.
  • Es ist schwierig, auf gut Glück loszugehen, zum Beispiel auf Events, und dort den*die passende*n Mitgründer*in mit entsprechenden Fähigkeiten und erforderlicher Motivation zu finden. Es lohnt sich, erfahrene Business Angels* aus der Szene anzusprechen, die bereits sehr gut vernetzt sind und Erfahrung haben, welche Fähigkeiten es noch im Gründungsteam braucht und wer dafür in Frage kommt.
  • Business Angels unterstützen vor allem in der frühen Gründungsphase und helfen bei der Kontaktanbahnung.

* Business Angels sind Personen, die Gründer*innen mit Expertise und Know-How typischerweise in der frühen Gründungsphase unterstützen und sich mit zumeist kleineren Beträgen am Unternehmen beteiligen. Oft handelt es sich um erfolgreiche Gründer*innen oder erfahrene Unternehmer*innen.

Haftung – was kann mir passieren?*

  • Die Frage nach der Haftung ist für viele Gründer*innen ein großes Thema. Ob Gründer*innen notfalls mit ihrem Privatvermögen haften müssen, hängt vor allem von der jeweiligen Rechtsform der Gründung ab.
  • Bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sind die Gründungsanforderungen gering, das Haftungsrisiko hoch: Die Gesellschafter*innen haften für alle Schulden („gesamtschuldnerisch“).
  • Bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und der Unternehmergesellschaft (UG) haften die Gründungspartner*innen jeweils nur mit dem Gesellschaftsvermögen. Beide Gesellschaftsformen unterscheiden sich durch das einzubringende Mindeststammkapital. Bei der GmbH beträgt es 25.000 Euro, bei der UG dagegen nur einen Euro. Eine Haftung der Gesellschafter*innen mit ihrem Privatvermögen ist durch die Rechtsform ausgeschlossen. Allerdings kann eine Haftung der Geschäftsführer*innen einer GmbH oder UG unter bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Sie haften mit ihrem Vermögen, wenn ihnen eine Insolvenzverschleppung nachgewiesen wird, wenn eine Pflichtverletzung gegen die „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ vorliegt oder wenn die Gesellschaft noch in Gründung ist.

* Informationen aus dem Workshop ergänzt durch Internetrecherchen, unter anderem bei All Recht oder Gründer.de.

Finanzierung – wie geht's?

Tipps von Christian Sewarte:

  • „Business Angels können Start-ups unterstützen, potenzielle Mitgründer*innen zu finden, die Geschäftsidee weiter auszuarbeiten und indem sie kleinere Investitionen in das Unternehmen tätigen („Tickets“).
  • Insbesondere in Berlin sind die Business Angels und Venture Capital-Unternehmen (VCs)* der Szene gut miteinander bekannt und beteiligen sich gemeinsam an Investitionsrunden.
  • Es gibt VCs, die sich speziell auf die Finanzierung von frühphasige Start ups spezialisiert haben, beispielsweise Earlybird.
  • VCs unterscheiden sich darin, wie früh sie in Start-ups investieren, auf welche Sektoren sie spezialisiert sind und worauf sie besonderen Wert legen. Jedes VC hat somit einen anderen Schwerpunkt.
  • Wichtig bei den Verträgen mit potenziellen Investoren ist nicht nur die Höhe der Investition, sondern die Anzahl der Anteile (Shares) am Unternehmen, die die Investor*innen dafür erwerben wollen. Einige Investoren wollen für den Start 30 Prozent der Anteile. Werden zu früh zu viele Anteile herausgegeben, verlieren die Gründer*innen die Kontrolle über die Firma, und sie verliert deutlich an Attraktivität für neue Investoren.
  • Start-ups, die nicht für Investoren relevant sind, etwa weil sie nicht schnell genug skalieren und hier kein Investorengeld einsammeln können, können auch folgenden Weg gehen: Sie setzen ihre Projekte gemeinsam mit Industriekonzernen auf und gewinnen im Rahmen dieser Partnerschaft ihre ersten Kund*innen.
  • Es gibt insbesondere seit den neusten Ereignissen – vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs – viele Investoren in Berlin, die an nachhaltigen Geschäftsmodellen interessiert sind, die sich langfristiger tragen. Start-ups mit Geschäftsmodellen, die auf einen frühen Exit** setzen, sind am Investoren-Markt zurzeit weniger gefragt.“

* Der Begriff Venture-Capital (kurz VC) kann mit Wagniskapital oder Risikokapital ins Deutsche übersetzt werden. VCs sind eine Beteiligungsgesellschaft, die in als riskant geltende Geschäftsideen investieren, zum Beispiel in frühe Unternehmensideen, die ein hohes Wachstums- und Innovationspotenzial aufweisen.

** Exit bezeichnet den Ausstieg eines Investors aus einer Unternehmung, das heißt die Veräußerung seiner Beteiligung.

Voraussetzungen für und Ablauf bei der Bewerbung beim EXIST-Gründerstipendium.

Tipps von Dr. Thomas Großmann:

  • „Wichtig ist eine innovative Projektidee.
  • Projekte müssen nicht immer ganz neu sein. Sie müssen bei Antragstellung zwar noch nicht abgeschlossen sein, aber etwas Vorlauf sollten sie schon gehabt haben.
  • Wichtig ist darüber hinaus ein Proto-Businessplan: Darin stehen die Alleinstellungsmerkmale des Projektes, zudem stellt sich das Team vor und macht transparent, wo es noch Hilfe benötigt.
  • Es braucht außerdem eine Anbindung an eine deutsche Hochschule, die fachlich und organisatorisch unterstützt. Dazu gehört ein*e Mentor*in, jemand mit fachlicher Expertise. Dafür ist es sinnvoll, die Gründungsberatung der Hochschule mit einzubeziehen. Über die Hochschule wird zudem alles Finanzielle abgewickelt.
  • Es wird vorausgesetzt, dass Fördernehme*innen Vollzeit für ihr Projekt arbeiten. Es ist aber unter Umständen möglich, dass sie bis zu fünf Stunden pro Woche an anderen Dingen arbeiten (zum Beispiel kleinere Beratungsaufträge).
  • Ganz wichtig: Niemals zu spät mit der Bewerbung anfangen, denn zwischen der Bewerbung und Zusage beziehungsweise Absage vergehen etwa zehn Wochen. Der Startzeitpunkt für die Förderung kann jedoch relativ frei gewählt werden.
  • Auch nach positiver Rückmeldung geht es nicht sofort los: Die Bewilligung des Projektträgers und die Klärung administrativer Detailfragen kann bis zu acht Wochen dauern
  • Für die Bewerbung sind sogenannte „Letter of Intent“ kurz: LOIs* gerne gesehen, um die Marktnachfrage fürs Produkt nachzuweisen. Hier kommt es aber nicht auf den Umfang an: lieber kürzer, dafür aussagekräftig.
  • Für die Bewerbung darf maximal eine Person aus dem Team länger als fünf Jahre außerhalb einer Universität gearbeitet haben. Hier zählen aber auch Projektarbeiten an Universitäten oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen.
  • Es wird positiv bewertet, wenn es im Team bereits Erfahrungen aus der Wirtschaft und betriebswirtschaftliche Kenntnisse gibt. Sollte es diese Nachweise nicht geben, soll in der Antragstellung offen damit umgegangen werden, da es bei EXIST auch spezielle Coachings für derartige Erfahrungslücken gibt.
  • Bei EXIST geht es grundsätzlich um den Übergang (die Transformation) von Forschungserträgen zum Geschäftsmodell.“

* LOI: Letter of Intent: Dokument, das die gegenseitige Kooperation zwischen zwei und mehreren Partner*innen erklärt

Welche Tipps haben Boris Hekele und Ulrike Jehle zur Gründung im mFUND?

mFUND-Antrag und Gründung

  • Bereits in der Bewerbungsphase für eine Förderung im mFUND gebe es einige Dinge zu beachten. So sei zu berücksichtigen, dass die einmal eingereichte Projektskizze maßgebend für die weitere Projektlaufzeit ist – hiervon könne in der Regel nicht abgewichen werden. Daher sei bereits hier ein Weg zu finden, sowohl die „wissenschaftliche“ als auch die „wirtschaftliche“ Seite des Projektes miteinander zu vereinen. Im mFUND werde der wissenschaftliche Nutzen, der Beitrag zur Forschung, explizit hervorgehoben, weshalb er im Zentrum stehen sollte. Möglich sei, die wirtschaftliche Entwicklung für die Phase nach der Förderung zu planen. Das lasse sich im Antrag entsprechend darlegen.
  • Hilfreich könne außerdem sein, für den Antrag LOIs von potenziellen Praxispartner*innen einzuholen, die das geplante Produkt nutzen wollen. Das sei insbesondere für die Förderlinie 2 relevant, die beim Antrag auch Businessberichte einfordere, aber auch für Förderlinie 1 hilfreich. Eine Weiterförderung, etwa durch die Förderlinie 2, könne gegenüber Risikokapital zum Beispiel deutliche Vorteile haben: Bei ersterer sei man in der Umsetzung viel freier, könne eigene Ideen verwirklichen, ohne dabei auf einen Investor Rücksicht nehmen zu müssen.
  • Um den Antrag für die Förderlinie 2 zu erstellen, sollte durchaus ein Monat Vollzeit eingeplant werden. Gerade der Businessplan habe viel Zeit in Anspruch genommen, ebenso die Projektskizze und das Bilden eines Konsortiums. Auch das Einholen von LOIs dauere meistens lange, insbesondere bei Kommunen gehe es oft etwas langsamer. Daher sollte man sich frühzeitig Gedanken machen, sobald mehr über einen Call bekannt ist.
  • Tipp aus dem BMDV: Alle Fragen sollten im Antrag so detailliert wie möglich beantwortet werden, auch wenn zu Beginn manche Dinge gegebenenfalls noch unklar sind. Je greifbarer die Beschreibungen seien, desto besser ist es für die Antragstellung. Das gelte insbesondere auch mit Blick darauf, wie die Idee in die Praxis eingehen kann.
  • Die Gründung könne, wie bei GOAT, schon während der Förderphase geschehen. Das sei von Seiten des mFUND in der Regel unproblematisch. Es könne aber andere Hürden geben, wenn das Forschungsprojekt zum Beispiel an einer Universität angegliedert ist. Hier seien rechtliche Fragen zu klären, was leichter sei, wenn es sich um ein Open Source-Projekt handele. Es lohne sich daher, das Projekt von Beginn an als Open Source anzulegen.

Haftungsfragen:

  • Gründer*innen sollten sich nicht von Haftungsfragen und Insolvenzrecht verunsichern lassen. Beides werde mitunter als sehr schwerwiegend vermittelt, aber in der Regel seien etwaig auftretende Probleme lösbar, vor allem wenn man sich für rechtliche Fragen Unterstützung dazu hole.

Tipps zur Rechtsform:

  • FixMyCity wurde damals als GbR gegründet, was es sehr schwer gemacht habe, Förderung aus dem mFUND zu bekommen. Der Prozess der Umwidmung in eine GmbH sei zwar möglich, erfordere aber einigen Aufwand.
  • Es gebe viele Informationen zur Gründung und zur Wahl der Rechtsform im Internet. Wenn es um die konkreten Verträge gehe, sollte man sich jedoch Personen mit Erfahrung dazu holen – Notar*innen könnten hier zum Beispiel auch unterstützen.
  • Wenn es darum gehe, Werte von einer GbR zu einer GmbH zu übertragen, habe es sich im Fall von Software bewährt, diese als Open Source anzulegen und sie dementsprechend unter einer freien Lizenz herauszugeben. Andernfalls müsste die GmbH die direkte Rechtsfolge der GbR antreten oder die GmbH müsste den Wert (also die Software) entsprechend finanziell bei der GbR ausgleichen. Open Source dürfe jeder direkt verwenden, auch die GmbH.

Mitgründer*innen und Team:

  • Im Laufe der Jahre habe sich immer deutlicher gezeigt, wie wichtig die Motivation der Mitarbeiter*innen sei. Motivierte Personen im Team, die hinter der Vision der Unternehmung stünden, würden ganz anders mitdenken und brächten sich viel mehr ein. Daher der Tipp, im Bewerbungsprozess nicht nur auf die technischen Fähigkeiten („hard skills“) zu achten, sondern mehr auf die Motivation („soft skills“). Zudem sollte das Unternehmen mangelnde Kenntnisse bei Bedarf durch Weiterbildungen fördern.
  • Personen, ihre Persönlichkeit und Fertigkeiten seien essenziell. Wer im Unternehmen arbeite, forme es. Gerade die Wahl der Mitgründer*innen sollte gut überlegt werden, denn man verbringe sehr viel und intensiv Zeit miteinander.
  • Um Konflikte im Team zu vermeiden, sollten die Beteiligten regelmäßig Retrospektiven (Reflektions-Meetings) über die Zusammenarbeit und die Produktentwicklung durchführen.
  • Besonders kleine Start-ups hätten häufig Probleme, überhaupt Personal zu bekommen. Gerade in der Softwareentwicklung sei die Konkurrenz mit den großen Unternehmen, die bessere Bedingungen bieten können, riesig. Das Start-up Plan4Better arbeite daher viel mit Freelancern zusammen, die häufig nicht in Deutschland wohnen. Nur so lasse sich die Arbeit überhaupt stemmen.

Finanzierung und Umgang mit Investor*innen:

  • Zur Gründung brauche es schon konkrete Ideen, wie sich das Unternehmen finanzieren könne, unter anderem durch wissenschaftliche Fördermittel und Aufträge. Da man aber nicht vorhersagen könne, ob sich die Ideen auch umsetzen liessen, sei es wichtig, nach und nach Ideen auszuprobieren und das Geschäftsmodell den Begebenheiten immer weiter anzupassen.
  • Es sei wichtig, den Umgang mit Investor*innen zu lernen. Gerade Jungunternehmer*innen ohne viel Erfahrung könnten dazu neigen, zu sehr auf die Ratschläge und Expertise der Investor*innen zu vertrauen, wenn es um die Finanzierung gehe. Man sollte sich hier auch immer Sparring von anderer Seite einholen und seinem eigenen Gespür im Umgang mit den Kund*innen vertrauen.
  • Deutschland ist nach wie vor ein Auto-zentriertes Land – für Ideen, die sich im Bereich „Automotive“ bewegen, gebe es schneller durchgeführte und höher dotierte Finanzierungsrunden. Gleichwohl seien auch Investor*innen aktiv, die an soziale Missionen, wie zum Beispiel die Verkehrswende glauben und dementsprechend mittel- und langfristig besser zu sozial getriebenen Unternehmen passen würden.

Umgang mit Kund*innen:

  • Im Lauf des mFUND-Projekts FixMyBerlin hätten die Beteiligten bei der Anfrage von Radverkehrsdaten eine besondere Erfahrung gesammelt: Es sei schwierig , wenn in Kommunen die Leitungsebene eine Kooperation anschiebe, die Fachebene aber nicht mitziehe. Man solle daher bei Kooperationsanbahnungen mit Kommunen darauf achten, nicht nur mit der Leitungsebene zu sprechen, sondern auch die Fachebene frühzeitig einzubeziehen, um damit etwaigen Unstimmigkeiten vorzubeugen.
  • Wer mit Kommunen zusammenarbeitet, die die Hauptabnehmerinnen eines Produktes sein sollen, müsse einige Dinge beachten. So seien Kommunen häufig nicht die einfachste Zielgruppe, aber eine sehr treue: Wenn sie einmal im Projekt dabei seien, wechselten sie nicht mehr. Darüber hinaus sei es für Projekte, die im Bereich nachhaltiger Mobilität agieren, schlicht notwendig, direkt bei den Kommunen anzusetzen, weil die Produkte hier angewendet werden sollen. Es könne jedoch durchaus ein Jahr vom ersten Kontakt bis hin zum Verkauf der Software dauern.

Sonstiges

  • Es sei wichtig, einen klaren Markenkern des Start-ups herauszuarbeiten und die Zielgruppe nach und nach besser kennenzulernen. FixMyCity stehe zum Beispiel für Digitalisierung und Radverkehr für Kommunen. Auch weil diese Mission so klar formuliert sei, würden sie von Kommune zu Kommune weiterempfohlen und bekämen so neue Aufträge.
Ausblick:

Die Gründungsexperten sowie die beiden Gründer*innen, die ihre mFUND-Projekte ausgegründet haben, sind sich einig, dass es für eine erfolgreiche Gründung zum einen Fachkenntnisse braucht, etwa über Fragen zur Rechtsform und zur Finanzierung. Zum anderen ist der „Faktor Mensch“ sehr wichtig für den Gründungs- und Umsetzungsprozess, vor allem die Wahl der Mitgründer*innen.

Mit diesem Workshop und der dazugehörigen Handreichung werden die an Gründung interessierten mFUND-Projektmitarbeiter*innen beraten und abgeholt. Doch nicht jedes mFUND-Projekt eignet sich für eine Ausgründung, sei es aufgrund der mangelnden wirtschaftlichen Verwertungsmöglichkeit der wissenschaftlichen Erkenntnisse oder aufgrund der Konstellation der Projektpartner*innen. Dies gilt unter anderem für Projekte, in denen bereits feststeht, welche Projektpartner*innen ein Geschäftsinteresse haben und mit den Ergebnissen in die Umsetzung gehen wollen, etwa für Produkte oder Dienstleistungen. Für solche Projekte empfiehlt sich ein komplementärer Workshop auf der mFUND-Konferenz am 13. September in Berlin, in dem das Team der mFUND-Begleitforschung Move Mobility Methoden zur Geschäftsmodellentwicklung vermittelt.

Unsere Online-Workshops

Die Online-Workshops sind auf Interaktion unter den Teilnehmenden ausgerichtet. Mitarbeitende aus mFUND-Projekten tauschen sich über die Arbeit in ihren Vorhaben aus, lernen sich kennen und vernetzen sich. Im Verlauf der etwa zwei- bis dreistündigen Online-Workshops werden praxisrelevante Informationen für die Projektarbeit vermittelt, stellen mFUND-Beteiligte Good-Practices und Erfahrungsberichte vor und externe Expert*innen geben fachspezifischen Input. Neben Kurzpräsentationen und Werkstattberichten finden Gruppenarbeiten in Breakout-Sessions beziehungsweise Diskussionen und interaktiver Austausch statt. Informationen und Handreichungen für die Projektarbeit werden während der Veranstaltung zur Verfügung gestellt sowie im Nachgang auf emmett.io veröffentlicht, zum Beispiel die Emmett-Wirkungsmatrix und der Leitfaden zur Wirkungsevaluation für datengetriebene Mobilitätsprojekte (PDF). Die Workshops wenden sich an mFUND-Projektmitarbeiter*innen und die Teilnehmendenzahl ist auf circa 40 begrenzt.

Für Fragen zu den Fachaustauschen wenden Sie sich gerne per E-Mail an das Emmett-Team

Informationen zum mFUND-Frauennetzwerk Women in Datadriven Mobility (WDM)

Empfohlene Beiträge