Foto: Uli Deck/ARTIS

Eine Frau sitzt in einem Büro vor einer Wand aus Computerbildschirmen, die in einem Halbkreis stehen.

Testfeld Autonomes Fahren Baden-Württemberg: Mit dem Minibus ohne Fahrer*in unterwegs

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Kirsten Lange

Testfeld Autonomes Fahren Baden-Württemberg: Mit dem Minibus ohne Fahrer*in unterwegs

Auf dem Testfeld Autonomes Fahren Baden-Württemberg erproben die Landesregierung und die Städte Karlsruhe, Bruchsal und Heilbronn mit Unternehmen und Forschungseinrichtungen das automatisierte Fahren in verschiedenen Alltagssituationen. Schwerpunkte der Forschung sind unter anderem Sicherheit für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen sowie ein autonomer öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV).

Das Testfeld zwischen Karlsruhe, Bruchsal und Heilbronn

Das Testfeld Autonomes Fahren Baden-Württemberg (TAF BW) ist im Mai 2018 in Betrieb gegangen. Das insgesamt etwa 200 Straßenkilometer umfassende Testfeld befindet sich zwischen Karlsruhe, Bruchsal und Heilbronn. Testzonen in Karlsruhe sind unter anderem der Campus Süd und Campus Ost des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), Teile der Oststadt und Stadtteile südlich vom Hauptbahnhof.

Das Testfeld umfasst außerdem Autobahnstrecken bis Stuttgart und Heilbronn. Angebunden ist auch der Forschungscampus für autonome städtische Güterlogistik in Bruchsal. In Heilbronn wurde ein etwa sieben Kilometer langer Abschnitt eingerichtet, der vom Autobahnanschluss Heilbronn/Neckarsulm bis zu einem Parkhaus in der Nähe des Bundesgartenschaugeländes von 2019 reicht.

Straßenkarte mit Markierungen im Bereich Karlsruhe und Umgebung

Screenshot: Leaflet/OpenStreetMap

Teile des Testfeld für Autonomes Fahren Baden-Württemberg in Karlsruhe.

Hier finden Sie das TAF BW als interaktive Karte.

Die Infrastruktur

Das Besondere an diesem Testfeld ist, dass es alle Arten von öffentlichen Straßen beinhaltet. Dazu gehören Autobahnabschnitte, Landes- und Bundesstraßen sowie Routen in der Stadt mit Radfahrer*innen, Fußgänger*innen und Straßenbahnen. Ebenso Bestandteil des Testfelds sind Tempo-30-Zonen, Wohngebiete und Parkhäuser.

Die berechtigten Nutzer*innen des Testfelds bekommen hochgenaue 3D-Karten der Strecken und die Daten von Messstationen und Sensoren zur Verfügung gestellt. Die Sensoren erfassen den Verkehr in Echtzeit und Faktoren, die den Verkehr beeinflussen können – etwa Schnee, Nebel oder Regen.

Mehr darüber, wie die Echtzeiterfassung funktioniert, lesen Sie im Artikel über das digitale Testfeld in Düsseldorf.

Einen Überblick über die Möglichkeiten für Testfeld-Nutzer*innen gibt der Leistungskatalog.

Beim Entwicklungsportal für offene Software GitHub lässt sich ein Testfeld-Datensatz frei herunterladen. Zum Datensatz gehören beispielsweise spurgenaue Karten der Strecke, Ampelsignalphasen und lokale Karten. Mit den Karten können Interessierte das Verkehrsgeschehen an den jeweiligen Orten auf dem Testfeld analysieren. Für Forschung, Lehre und nicht-kommerzielle Zwecke sind die GitHub-Daten frei verwendbar. Daten zur kommerziellen Nutzung gibt es gegen eine Nutzungsgebühr beim Testfeldbetreiber KVV.

Forschungsprojekte können außerdem am freiwilligen Austausch von Forschungsdaten teilnehmen. Verschiedene öffentlich geförderte Forschungsvorhaben, die die Daten und die Infrastruktur des Testfelds nutzen, übermitteln nach Angaben des FZI Forschungszentrum Informatik ihre gewonnenen Daten und Informationen. So hat unter anderem das Projekt EVA-Shuttles sämtliche Erkenntnisse zum Fahren auf der Basis hochdetaillierter Karten und zur Kommunikation mit Ampeln an das TAF-BW-Konsortium weitergegeben.

Ein selbstfahrender Minibus mit dem Logo KVV fährt eine Straße entlang, es sitzen Fahrgäst*innen darin.

Foto: Uli Deck/ARTIS

Bei der Auftaktveranstaltung konnten Fahrgäst*innen in selbstfahrenden Minibussen des KVV mitfahren.
Das Testfeld-Konsortium

Ein Zusammenschluss aus baden-württembergischen Forschungseinrichtungen, der Landesregierung und der Städte Karlsruhe, Bruchsal und Heilbronn hat das Testfeld entwickelt und baut es weiter aus. Die Leitung hat das FZI Forschungszentrum Informatik inne.

Weitere Partner*innen aus der Forschung sind das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Hochschule Karlsruhe, das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB und die Hochschule Heilbronn.

Der Karlsruher Verkehrsverbund KVV betreibt, steuert und überwacht das Testfeld. In seiner zentralen Leitstelle gehen seit 2018 auch die Daten vom Testfeld ein. Das Betriebsleitsystem erfasst die Positionen der Fahrzeuge in Echtzeit. So können die Leitstellen-Mitarbeiter*innen auf Störungen im Ablauf reagieren. Sie koordinieren außerdem die Zeitfenster für die Fahrten, die die Testfeld-Nutzer*innen mit ihren Fahrzeugen auf den Strecken unternehmen.

Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg hat Konzeption, Planung und Aufbau des Testfelds mit 2,5 Millionen Euro gefördert. Gemeinsam mit dem baden-württembergischen Forschungsministerium stellt es weitere 2,5 Millionen Euro für das Forschungsförderprogramm „Smart Mobility“ auf dem Testfeld bereit.

Foto zeigt zwei nebeneinander stehende selbstfahrende Autos, deren Dächer mit Kameras und Sensoren ausgestattet sind. Zwischen ihnen steht ein Transparent mit der Aufschrift "Karlsruher Institut für Technologie KIT - Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft".

Foto: Alexander Scheuber/KVV

Bei der Eröffnung des Testfelds für autonomes Fahren konnten in Karlsruhe mit Sensoren und Kameras ausgestattete autonome Fahrzeuge begutachtet werden.
Eine Kamera ist vorn am rechten Scheinwerfer eines Autos angebracht.

Foto: Alexander Scheuber/KVV

Selbstfahrende Autos erstellen Bilder ihrer Umgebung.
Die Forschungsziele

Unternehmen und Forschungseinrichtungen können auf dem Testfeld Technologien zum automatisierten Fahren in verschiedenen Alltagssituationen erproben. Da Routen in der Stadt, Wohngebiete und Tempo-30-Zonen Teil des Testfelds sind, werden beispielsweise auch Dienste wie automatisierte Kehrmaschinen oder Müllfahrzeuge getestet.

Außerdem wird erforscht, wie sicher Fußgänger*innen und Radfahrer*innen sind, wenn Autos oder Busse in der Stadt autonom fahren. Ein weiterer Schwerpunkt des Testfelds ist der öffentliche Personennahverkehr, der sich mit neuen, automatisierten Formen für den ÖPNV beschäftigt.

Wenn Sie auf der oben eingebetteten Karte auf eines der Testfelder klicken und dort den Link „Mehr Informationen“ sehen, gelangen Sie darüber zu einem Beitrag über das jeweilige Testfeld. Das Baden-Württembergische Testfeld finden Sie übrigens südwestlich bei Karlsruhe. Im Fokus stehen darin die dort vorhandene Infrastruktur und Nutzung von Technologien sowie die laufenden Forschungsprojekte. Nach und nach werden wir Ihnen so die derzeitigen deutschen Testfelder für autonomes und vernetztes Fahren vorstellen.

Diese Karte der digitalen Testfelder in Deutschland erhebt noch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ihnen fehlt ein Testfeld oder ist ein Fehler aufgefallen? Melden Sie sich bei uns! Per E-Mail an redaktion@emmett.io oder via LinkedIn oder Twitter.

Die Forschungsprojekte

Insgesamt wurde das TAF BW bisher von 18 Projekten genutzt.

Das Projektteam EVA-Shuttle testete Elektro-Minibusse, die Fahrgäst*innen auf Abruf automatisiert transportieren. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gefördert. EVA steht für elektrisch, vernetzt, automatisiert.

Von Ende April bis Ende Juni 2021 und zusätzlich an den Wochenenden im Juli 2021 waren drei EVA-Shuttles im Karlsruher Stadtteil Weiherfeld-Dammerstock unterwegs. Sie hatten jeweils einen Sicherheitsfahrer der KVV an Bord. Die Projektpartner*innen wollten herausfinden, wie sich die elektrischen autonomen Kleinbusse im Verkehr verhalten und wie Fahrgäst*innen darauf reagieren. Im Projektteam waren das FZI, das Unternehmen Bosch, die Verkehrsbetriebe Karlsruhe VBK, der TÜV Süd und das Tochter-Unternehmen der Deutschen Bahn ioki.

Fahrgäst*innen forderten die Shuttles per App an, beispielsweise für den Weg zur Straßenbahnhaltestelle, zur Arztpraxis oder zum Bäcker. Ein Algorithmus sorgte dafür, dass Fahrgäst*innen mit ähnlichen Routen vom gleichen Shuttle abgeholt und damit zu einer Fahrgemeinschaft wurden (Ridepooling).

Nach Auskunft des KVV war die Stadtbahnhaltestelle Dammerstock der am häufigsten nachgefragte Start- und Zielort. Die Marktforschung ergab außerdem, dass 93 Prozent der Befragten sich während der Fahrt sicher fühlten und ebenso viele Befragte das EVA-Shuttle wieder nutzen würden.

Das Fahren nach Bedarf ohne festen Fahrplan hätten die Befragten als sehr positiv empfunden, so der KVV. Auch einige regelmäßige Fahrgäst*innen aus dem Testgebiet waren darunter: So holte eine Mutter ihr Kind regelmäßig mit dem EVA-Shuttle aus der Kita ab.

Aufgrund der positiven Resonanz kehrten die vollautomatischen Minibusse im Januar 2023 als FZI-Shuttles für ein weiteres Projekt auf das Testfeld zurück.

Foto eines Minibusses ohne Fahrer*in, der mit geöffneter Tür an einem Busbahnhof steht.

Foto: Paul Gärtner/KVV

Seit Januar 2023 sind in Karlsruhe wieder selbstfahrende Minibusse in Betrieb.

Mit dem Programm „Smart Mobility fördert die baden-württembergische Landesregierung fünf Projekte, die Aufschlüsse darüber geben sollen, wie sich automatisiertes Fahren auf den Verkehr auswirkt. Aspekte sind unter anderem Sicherheit für Radfahrer*innen und Fußgänger*innen, Umwelteffekte, Stauvermeidung sowie rechtliche Fragen.

Die im Rahmen von „Smart Mobility“ geförderten
Projekte tauschen sich eng mit den Mitarbeiter*innen im Projekt „Begleit- und
Wirkungsforschung zum automatisierten und vernetzten Fahren – bwirkt
aus. „bwirkt“
untersucht die Wirkung der verschiedenen Projekte auf dem Testfeld. Ziel der
Forscher*innen ist, Wissen aus den Projekten zu bündeln und aus den
Erkenntnissen Handlungsempfehlungen für Wissenschaft, Industrie und Politik abzuleiten.

Hier gelangen Sie direkt zu weiteren Artikeln über Digitale Testfelder in Deutschland auf Emmett:

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