Foto: Marcus Friedrich – stock.adobe.com

Nachtaufnahme des Neuen Rathauses in Leipzig mit Lichtstreifen-Effekt durch vorbeifahrende Autos während der langen Belichtungszeit

Digitales Testfeld Leipzig: Wo automatisierte Shuttles ÖPNV-tauglich werden sollen

in die Zwischenablage kopiert

Zuletzt bearbeitet am

Kirsten Lange & Lukas Bergheim

Digitales Testfeld Leipzig: Wo automatisierte Shuttles ÖPNV-tauglich werden sollen

Für ein Forschungsprojekt mit automatisierten Shuttle-Bussen hat die Stadt Leipzig mit vielen Partner*innen ein digitales Testfeld im Norden der Stadt eingerichtet.

Die Teststrecke im Industriepark

Die etwa sieben Kilometer lange Teststrecke verläuft durch den Industriepark Leipzig Nord, von der Messe zum Werksgelände von BMW.

Das Messeareal ist nicht nur wegen des ÖPNV-Anschlusses interessant, sondern auch wegen der besonders schwierigen Bedingungen für automatisiertes Fahren: fehlende Fahrbahnmarkierungen, nicht signalisierte Knotenpunkte, Bereiche, in denen die Satellitennavigation nicht funktioniert (sogenannte GNSS-Abschattungen), und reger Fußverkehr.

Eine Tram fährt über das begrünte Leipziger Messegelände, im Hintergrund sind Messegebäude zu sehen.

Foto: ClaraNila – stock.adobe.com

Das Leipziger Messeareal ist mit einer Straßenbahn- und mehreren S-Bahn-Linien an den ÖPNV angeschlossen.

Zumindest teilweise konnte ein hochgenaues 3D-Modell der Infrastruktur Abhilfe schaffen. In ihm sind zusätzliche Inhalte wie alle Verkehrszeichen mit Inhalt und Position beziehungsweise Geltungsbereich hinterlegt.

Die Infrastruktur

Die Teststrecke umfasst viele verschiedene Verkehrsbereiche:

  • Das Messeareal, einen verkehrsberuhigten Shared Space, in dem Radfahrer*innen, Fußgänger*innen und Autofahrer*innen gleichberechtigt unterwegs sind und Autos maximal 20 Stundenkilometer fahren dürfen,
  • eine vielbefahrene Straße, auf der vor allem Lastwagen unterwegs sind und eine Höchstgeschwindigkeit von 50 bis 70 Stundenkilometern gilt,
  • einen Bahnübergang,
  • sieben Bushaltestellen,
  • zwölf Lichtsignalanlagen (LSA),
  • zwei Autobahnauffahrten und -abfahrten sowie
  • Brücken, unter denen das Shuttle hindurchfahren muss.

Die Lichtsignalanlagen und der Bahnübergang sind mit Road Side Units (RSU) ausgestattet. Von ihnen empfangen automatisierte Fahrzeuge Nachrichten nach den ETSI-Protokollen SPaTEM (Signal, Phase and Timing Extended Message) und MAPEM (Map Extended Message), also unter anderem Informationen zur Position der für sie relevanten LSA, ihrem aktuellen Signalzustand und der Dauer der Signalphase. In umgekehrte Richtung senden die Fahrzeuge Nachrichten nach dem ETSI-Protokoll CAM (Cooperative Awareness Messages), um sich an der LSA an- und abzumelden.

Die Testfeld-Betreiberin und ihre Partner*innen

Die Stadt Leipzig betreibt das Testfeld.

Am Projekt ABSOLUT (siehe unten) sind folgende Partner*innen beteiligt: Apinauten GmbH, BitCtrl Systems GmbH, FSD Fahrzeugsystemdaten GmbH, glts cotech GmbH, IAV GmbH, Leipziger Verkehrsbetriebe GmbH, Sedenius Engineering GmbH, Stadt Leipzig und die Technische Universität Dresden; außerdem als assoziierte Partnerinnen die INAVET GmbH und Virtence GmbH sowie als nutzende Partner*innen das BMW group Werk Leipzig und die Leipziger Messe GmbH.

Die zentrale Kontaktstelle für jegliche Anfragen, auch zur Nutzung der Testfeldinfrastruktur, ist die Sächsische Energieagentur SAENA. Test-Daten werden nur für Projektzwecke und DSGVO-konform herausgegeben.

Das Testfeld und das Forschungsprojekt wurden vom Bundeswirtschaftsministerium mit etwa zehn Millionen Euro gefördert.

Wenn Sie auf der oben eingebetteten Karte auf eines der Testfelder klicken und dort den Link „Mehr Informationen“ sehen, gelangen Sie darüber zu einem Beitrag über das jeweilige Testfeld. Im Fokus stehen in den Beiträgen die jeweilige Infrastruktur und Nutzung von Technologien sowie die laufenden Forschungsprojekte. Nach und nach werden wir Ihnen so die derzeitigen deutschen Testfelder für automatisiertes und vernetztes Fahren vorstellen.

Diese Karte der digitalen Testfelder in Deutschland erhebt noch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ihnen fehlt ein Testfeld oder ist ein Fehler aufgefallen? Melden Sie sich bei uns! Per E-Mail an redaktion@emmett.io oder via LinkedIn oder Twitter.

Das Forschungsziel

Das Ziel des Forschungsprojekts ABSOLUT (Automatischer Busshuttle – selbstorganisierend zwischen Leipzig und dem BMW-Terminal): weniger Autoverkehr und eine höhere ÖPNV-Nutzung im Industriepark Leipzig Nord. Im Industriepark arbeiten mehr als 10.000 Menschen im Dreischichtbetrieb. Nur etwa neun Prozent von ihnen fahren mit Bahn und Bus zur Arbeit.

Die ABSOLUT-Projektpartner*innen wollten auf der Teststrecke einen Shuttle-Dienst mit autonom fahrenden Elektro-Minibussen einrichten, der mit Geschwindigkeiten von bis zu 70 Stundenkilometern fahren kann. Bisher sind autonome Shuttles meist mit weniger als 30 Stundenkilometern unterwegs. Ein*e Sicherheitsfahrer*in ist immer an Bord. Die Shuttles sollen Teil des Leipziger ÖPNV werden.

Vor dem ABSOLUT-Pilotfahrzeug (v.l.n.r.): Mario Nowack, ABSOLUT-Projektleiter der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB), Petra Peterhänsel, Leiterin des BMW-Werks, und Ulf Middelberg, Sprecher der Geschäftsführung der LVB.

Foto: Leipziger Gruppe

Vor dem ABSOLUT-Pilotfahrzeug (v.l.n.r.): Mario Nowack, ABSOLUT-Projektleiter der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB), Petra Peterhänsel, Leiterin des BMW-Werks, und Ulf Middelberg, Sprecher der Geschäftsführung der LVB.
Das Forschungsprojekt

Das Projekt ABSOLUT lief vom 01.01.2019 bis zum 30.11.2022.

In einem vierwöchigen Test durften rund 50 Mitarbeitende von BMW und der Messe Leipzig das Fahrzeug, das automatisierte Fahren sowie die Bestellung per App ausprobieren. Es wurden zwei Angebots-Varianten erprobt: ein Shuttle-Dienst, der an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr die Haltestellen anfuhr, und einer, bei dem die Nutzer*innen das Shuttle per App bestellten. Der Test sollte zwei Dinge zeigen: wie die Varianten technisch funktionieren und welche Variante bei den Nutzer*innen besser ankommt. Ergebnisse wurden noch nicht veröffentlicht.

Bevor es zu diesem Test kommen konnte, standen die Projektpartner*innen vor folgenden Aufgaben:

Derzeit wird an einem Antrag für die Fortsetzung des Projekts gearbeitet. Sie soll sich einer Referenzlösung für einen echten fahrerlosen Betrieb widmen.

Hier gelangen Sie direkt zu weiteren Artikeln über Digitale Testfelder in Deutschland auf Emmett:

Empfohlene Beiträge